MAL REDEN

 

Lass uns doch mal reden –

einmal.

Du weißt schon weswegen –

einmal.

 

Was du grade machst,

ist doch egal,

lass es mal stehn.    

So kann es doch wirklich

nicht weitergehn...

 

Wir sehn uns noch beim Frühstück –

manchmal,

schlafen noch zusammen –

manchmal.

Das kann doch nicht

alles sein. Du, da

fehlt doch mehr.

Irgendwie fühl ich mich

unendlich leer...

 

Wir waren beide glücklich

und frei,

fühlten uns geborgen

und frei.

 

Dass es heute

anders ist, will

keiner von uns sehn.

Wir reden uns nur ein,

dass wir uns verstehn...

 

Das Lügen von Gefühlen

tut weh.

Gellend lautes Schweigen

tut weh.

 

Die Blicke gehn

ins Leere – wir sehn uns

schon nicht mehr.

Doch uns nicht mehr zu quälen,

das fällt uns schwer.

 

Was hat sich so verändert

bei uns?

Da war doch Empfindung

bei uns.

 

Sind wir heute

abgestumpft? Ist für uns

nichts mehr drin?

Hat es mit uns beiden

noch einen Sinn?

 

Lass uns doch mal reden,

einmal.

 

Copyright 1978 Gerd Schinkel

 

Wenn das Schweigen zur Ruhestörung wird, wenn Sprachlosigkeit längst zum Beziehungskiller geworden ist und keine Chance mehr besteht, sich auszusprechen, weil man doch nur aneinander vorbeiredet... wird es Zeit, dass man redet... Sprachlosigkeit in partnerschaftlichen Krisen trägt kaum dazu bei, dass über ein Problem Gras wachsen kann. Doch was kann die gelähmte Zunge lösen, wenn eine Aussprache unumgänglich wird…

geschrieben 1979