FREUNDE, SEID WACH
Sie sammeln sich wieder in Rotten,
unverwüstlich, hart gesotten
und schmieden da verwegene Pläne.
Wo sie hobeln werden, da fallen Späne.
Die fielen schon millionenfach –
Freunde, seid wach!
Dumm dreist erheben sie die Köpfe
und pflegen altgermanische Zöpfe.
Nostalgie mit faulem Dünger,
doch ziehn sie damit frische Jünger.
Der braune Acker liegt nicht brach –
Freunde, seid wach!
Für sie ist es alles erlogen,
die Geschichte verfälscht und verbogen.
Was im Hakenkreuzstaat einst geschehen,
sei nur als „völkische Großtat“ zu sehen.
Nein, sie sind noch lang nicht altersschwach –
Freunde, seid wach!
Sie schwärmen stets von Zucht und Reinheit,
träumen von einer „großdeutschen Einheit“.
Sie gründen sich neue Parteien.
Man hört sie geifern, hört sie schreien
und Phrasen dreschen, hohl und flach –
Freunde, seid wach!
Sie grinsen frech, wenn Häuser brennen,
wenn Menschen um ihr Leben rennen,
basteln Bomben unter Reichskriegsfahnen,
sind stärker längst als wir es ahnen.
Heut schlagen sie schon wieder Krach!
Freunde, seid wach!
Sie geben sich auch brav und bieder,
tun harmlos und klaun unsere Lieder.
Fülln sie neu mit brauner Verirrung,
stiften mit Absicht Verwirrung,
gefährlicher als wir gedacht –
Freunde, gebt acht, Freunde, erwacht.
Warum sind Leute wieder Faschisten,
tauchen auf aus den vermoderten Kisten,
aus den tausend verflossenen Jahren,
die nach zwölfen schon im Blut versoffen waren.
Da brennt schon wieder manches Dach -
Freunde, seid wach!!! Freunde, seid wach!!
Copyright Ende der 70er Jahre, vorletzter Vers 2006 Gerd Schinkel
Ende der siebziger Jahre erregte die „Wehrsportgruppe Hoffmann“ Aufsehen, die im Raum Nürnberg in Tarnanzügen durch den Wald streifte und für den Ernstfall exerzierte. Ihr „Führer“ war ein Krimineller, ihr Waffenarsenal beträchtlich. Nachdem ich das Lied geschrieben hatte, ereignete sich der Anschlag eines kriminellen Rechtsradikalen auf das Münchner Oktoberfest, bei dem 13 Besucher durch die Explosion der in einem Papierkorb versteckten Bombe ums Leben kamen. Durch rechte Unionspolitiker, die gern am rechtsradikalen Rand im Trüben fischen, verharmlosen ließ sich das Geschehene nicht mehr...
Der braune Spuk dauert an. Geschrieben 1979, mit einer Aktualisierung, die mir notwendig schien, nachdem sich herausstellte, dass sich rechtsextremistische, ja faschistische Sänger und Gitarrenquäler der Lieder mancher linken Liedermacher, z.B. Hannes Wader, bemächtigen und sie entweder mit geringfügiger Textänderung oder mit Originaltext, den sie allerdings anders auslegen, für ihre Zwecke zu Gehör bringen - und die Verfasser der Texte finden nicht immer Mittel und Wege, sich dagegen zu wehren - außer sich dagegen zu verwahren.