FAHNENSCHWENK

 

Wo bin ich und was mach ich hier? Wie bin ich hier gelandet?

Angelockt und fehlgeleitet bin ich hier gestrandet,

reibe mir die Augen, traue meinen Ohren nicht,

komm wie aus dem Nebel und jetzt blendet trübes Licht.

Über Sinn und Zweck hat auf Papier so viel gestanden.

Das hatte ich gelesen - dachte auch, ich hätt’s verstanden.

Was nun einer redet, der da zu den Leuten spricht,

finde ich entsetzlich - meine Meinung ist das nicht.

 

Ich sing längst nicht für jeden, für jedes Geld, für jeden Preis

Kost es, was es wolle – bin nicht auf jede Bühne heiß.

Bin ich fehl am Platz, dann pack ich meine Sachen ein –

Behaltet euren Beifall, ich will nicht euer Hofnarr sein.

 

Man hatte mich gebeten, ein paar Lieder doch zu singen.

Nach dem, was ich nun vernehme, kann ich das nicht bringen.

Eingestöpselt steh ich da vor einem Mikrofon

und überleg, ob ich mir das erspare, mich verschon‘…

Was der Redner spricht, in jedem Satz, mit jedem Wort,

weckt Fliehkräfte in mir, zieht mich bloß weg von diesem Ort.

Schon habe ich mich ausgestöpselt, Kabel aufgerollt,

Klarheit hab ich längst: Ich hab was Anderes gewollt.

 

Ich pack meine Gitarre ein, häng meine Taschen um.

Verwirrt fragen mich Leute, was ich mache und warum…

Ich sage, was ich denke, und es tut mir auch nicht leid -

Manchmal ist man nur am falschen Ort zur falschen Zeit.

Zweimal ist mir das passiert - vielleicht wird das auch wieder.

Schließlich kennen manche von mir auch nicht alle Lieder.

Damit muss man rechnen, denn ich singe, was ich denk,

und auch meine Fahne nie in jedem Windstoß schwenk.

 

Glaubt einer wirklich, er könnt mich instrumentalisieren,

und das würde sogar ohne Zweifel funktionieren,

ist der falsch gewickelt, und das auch noch ziemlich stramm –

schert nicht alle Liedermacher über einen Kamm!

Die Freiheit, das zu singen, was ich will, für wen auch immer,

nehm ich mir - wer Anderes glaubt, hat von mir keinen Schimmer.

Hab kein Parteibuch und lass mich von niemandem zensiern.

Das Grundgesetz verspricht mir auch, das kann mir nicht passiern.

 

© 2023 Gerd Schinkel