Propheten
Früher sang man mutig laut:
„Wir leben nicht mehr lang!“ –
Am 30. Mai,
da sei der Weltuntergang.
Angeblich war vorausgesagt,
das Ende dieser Welt
am 21. Dezember 2012 -
doch sieh, wie die Erde hält.
Wir gucken in den Kaffeesatz,
die Kugel aus Glas bleibt matt –
wenn Gurus sich verrechnen,
sind die Jünger erst mal platt…
Mancher glaubt so fest daran,
dass er sich fast entblößt:
Die Erde ist ein Jammertal –
und doch wird man erlöst.
Man hört, es gäb ein Paradies,
dort wär es wunderschön,
weil ne Menge Jungfraun den,
der fest dran glaubt, verwöhn’n.
Wir gucken in den Kaffeesatz,
die Kugel aus Glas bleibt matt –
wenn Gurus sich verrechnen,
sind die Jünger erst mal platt…
Andere sind überzeugt,
ein Gott ihnen vergibt,
nur weil sie an ihn glauben -
wer nicht glaubt, wird ausgesiebt.
Sie foltern, quälen, drangsaliern,
nichts schreckt sie ab vor Mord,
von religösem Wahn gepackt -
zitiern sie Gottes Wort.
Wir gucken in den Kaffeesatz,
die Kugel aus Glas bleibt matt –
wenn Gurus sich verrechnen,
sind die Jünger erst mal platt…
Mancher fühlt sich auserwählt,
von Gott selbst auserkor'n,
Menschen zu ihm hinzuführn,
eh sie in der Hölle schmorn.
Die Teufelsbrut der Seelenretter
suhlt in Satans Saat -
wer nicht glaubt, soll dran glauben:
Bomben sind schon parat...
Wir gucken in den Kaffeesatz,
die Kugel aus Glas bleibt matt –
wenn Gurus sich verrechnen,
sind die Jünger erst mal platt…
Halt nicht, was du selbst nicht
glauben magst, für hirnverbrannt –
manche zweifeln, wenn du zweifelst,
auch an dei’m Verstand,
jagen dich zum Teufel,
sagen, dass er dich schon kennt,
wolln dich am liebsten grilln,
sieh, wie ihr Scheiterhaufen brennt.
Wir gucken in den Kaffeesatz,
die Kugel aus Glas bleibt matt –
wenn Gurus sich verrechnen,
sind die Jünger erst mal platt…
Copyright 2012 Gerd Schinkel