DER LEERE STUHL VON TAMPA

oder Clint Eastwood 2012

 

Er ließ sich auf die Bühne bitten,

Hollywood auf dem Convent.

Was hat ihn dabei wohl geritten,

obwohl – er blieb, wie man ihn kennt

und warf sich tollkühn in die Bresche,

bewaffnet mit nem leeren Stuhl,

bedrohte mutig den mit Dresche,

der dort nicht saß, und gab sich cool.

 

Das Drehbuch von ihm selbst geschrieben,

und die Regie macht er gleich auch,

ein Sketch, wie ihn die Leute lieben,

Republikaner lachen auch…

Mit Dirty Harry und daneben,

ein anderer, den nur keiner sah,

dem war der leere Stuhl gegeben –

nur war der Präsident nicht da.

 

Da war ein leerer Stuhl in Tampa,

der wurde plötzlich populär,

weil ihn ein grauer Greis beschimpfte -

wenn das genügt - was will man mehr?

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten

allerhand passiert -

sogar dass einer, der milliardenschwer

die Präsidentschaftswahl verliert...

 

Der neben ihm dort nicht gesessen,

das war kein Waffenfabrikant.

Dem Cowboy schien’s wohl zu vermessen,

nimmt selber gerne Colts zur Hand.

Er will das Recht für jeden wahren,

sich zu bewaffnen wie’s gefällt.

Das nennt er Freiheit schon seit Jahren,

kostet’s auch Leben – es bringt Geld.

 

Dem Cowboy aus den alten Zeiten

zuckt manchmal noch die Hand zum Colt.

Er hat noch immer Lust zu streiten,

steht unter Starkstrom, tausend Volt.

Als Lobbyist der Feuerwaffen

geht er entschieden in die Schlacht,

wobei er sich gekonnt zum Affen

und auch zum Mörderhelfer macht.

 

Da war ein leerer Stuhl in Tampa,

der wurde plötzlich populär,

weil ihn ein alter Knittergreis beschimpfte -

wenn das genügt - was will man mehr?

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten

allerhand passiert -

sogar dass einer, der milliardenschwer

die Präsidentschaftswahl verliert...

 

Und auf dem Stuhl auch kein Vertreter

all der Versicherungen saß,

die stets mit lautstarkem Gezeter

Profit erstreben ohne Maß,

was dann für sie ja auch der Grund ist,

was sie nicht wollen zu blockiern.

Versichern gern den, der gesund ist -

mit Kranken wolln sie nichts riskiern…

 

So spricht der Held zu den Gesunden,

die reich genug sind und nicht krank,

die sich kein Leben lang geschunden,

die mit Kredit bei jeder Bank.

Er schert sich nicht um jene Schwachen,

denen so viel an Hilfe fehlt.

Sein Glück soll jeder selber machen –

sagt der, dem’s heut an Geld nicht fehlt.

 

Da war ein leerer Stuhl in Tampa,

der wurde plötzlich populär,

weil ihn ein alter Tattergreis beschimpfte -

wenn das genügt - was will man mehr?

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten

allerhand passiert -

sogar dass einer, der milliardenschwer

die Präsidentschaftswahl verliert...

 

Er stand umjubelt auf der Bühne,

republikanisch fast am Thron.

Ein alte Star, der letzte Hüne,

neben dem Stuhl am Mikrofon.

Wie schnell ist vom Verstand verlassen,

wer nur zu gern Applaus genießt…

Der kann sein Ziel sehr leicht verpassen,

wer zu rasch aus der Hüfte schießt.

 

Weit weg vergreist der alte Recke,

hat seinen Part gekonnt gespielt,

blieb dabei selber auf der Strecke,

hat mit dem Colt vorbeigezielt.

Der leere Stuhl darf längst verstauben,

ihm droht manch Hintern, der sich setzt.

Das hält er aus, dank ein paar Schrauben,

und wird so höchstens abgewetzt.

 

Copyright 2012 Gerd Schinkel