WEISUNGSBINDUNG

 

Manche Staatsanwälte könn‘ nicht, wie sie woll‘n

Andere machen gerne das, was sie auch solln.

Sie haben, wenn sie anklagen, keine freie Hand.

Schon mancher Anweisungen auf dem Schreibtisch fand:

Wie er konkret sich im Prozess verhalten muss,

was er verlangen soll, vom Anfang bis zum Schluss.

Er kann nicht mit dem Richter dealen, wie er mag,

wenn eine Anweisung zur Klage vor ihm lag.

 

So gibt es Unterschiede: Manchmal sind die groß.

Mal wird bestraft, mal fällt ein Freispruch in den Schoß.

Staatsanwälte können sich nicht frei entscheiden:

Wolln sie streng sein, oder wolln sie das vermeiden?

Politisch werden sie am Nasenring geführt,

selbst wenn auch mancher sagt, dass er das gar nicht spürt.

Manch Täter deshalb gar nichts zu befürchten braucht.

Es ist noch nicht mal nötig, dass er untertaucht.

 

Wenn einer virtuos mit andern musiziert,

und klar wird, dass er damit deutlich demonstriert,

weil er im Tagebau das Klima retten mag,

dann wird er staatsanwaltlich vor Gericht verklagt.

Die Klimakiller, bringt die einer vor Gericht,

dass mal ein Richter gegen sie ein Urteil spricht,

stelln Staatsanwälte die Ermittlungen rasch ein.

Die Politik sagt, was nicht sein soll, darf nicht sein.

 

Der Lebenslaute-Musikant verurteilt wird.

Der Richterspruch manchen Beobachter verwirrt:

Wie fand ein Friedensbruch denn hier tatsächlich statt,

als man im Tagebau im Chor gesungen hat?

Dabei ging nichts kaputt, es wurde nichts zerstört,

man hat nur widerständige Musik gehört.

Das war an Friedensbruch dem Staatsanwalt zu viel.

Die Klimakiller zu beschützen, ist ihr Ziel…

 

Die Politik hatte die Anklage bestellt,

weil sie für Straftäter die Musikanten hält,

die musiziert zur falschen Zeit an falschem Ort.

Zu CO2-Verbrechen vom Gericht kein Wort.

Die Politik will nun mal Exempel statuiern:

Die Musikanten solln erkenn‘, was sie da riskiern.

Lenken sie Aufmerksamkeit auf das, was geschieht,

man sie zur Verantwortung staatsanwaltlich zieht.

 

Wo sind die Richterinnen, Richter hier im Land,

die sich der Rechtsbeugung entziehen kurzerhand,

dass man die Staatsanwaltschaft in die Schranken weist,

wie der Minister, der sie anwies, wohl auch heißt…

Man hört, die Rechtsprechung ja unabhängig sei.

In ihrer Urteilsfindung seien Richter frei.

Manchmal ein Richter Recht ganz unabhängig spricht -

das ist doch wohl die Regel, oder ausnahmsweise nicht?

 

© 2022 Gerd Schinkel