ZEITUMSTELLUNG

 

Warum bin ich seit März der Zeit vorausgegangen?

Wollt nirgends eine Stunde eher hingelangen.

Jetzt bin ich da - und nun stellt ihr die Uhr zurück…

Halt ich die Zeit jetzt an, wenn ich auf Knöpfe drück?

Soll ich den großen Zeiger einmal rückwärts drehen?

Und der Versuchung, mich zu weigern, widerstehen?

Ich brauch dazu, das merk ich, meine ganze Kraft.

Was hab ich eigentlich, wenn ich es schaff, geschafft?

 

Die Zeiger stehn, wo vor ner Stunde sie gestanden,

weil sie die Zeit gewissermaßen überwanden.

Erst hattet ihr ne ganze Stunde mir gestohln.

Tut jetzt nicht so, als wollt ich mir sie wiederholn.

Verbummel ich ne Stunde, muss ich mich beeilen.

Will keine Stunde irgendwo nur so verweilen.

Ist die vorbei, frag ich verunsichert: Und jetzt?

Wofür hab ich mich überflüssig abgehetzt?

 

Was hab ich von ner Stunde, die ich nachts verschlafe?

Was soll ich sonst tun? Zähl ich ne ganze Stunde Schafe?

Mir wird ne Stunde, die ich nicht will, aufgedrängt.

Und ihr tut so, als würde sie mir jetzt geschenkt.

Die Stunde könntet ihr, von mir aus, auch behalten.

Brauch sie nicht zum Gestalten und nicht zum Verwalten.

Denn ich häng sie im Zweifel doch nur schlafend rum.

Und das ist, wenn ich es bedenke, ziemlich dumm.

 

Also behaltet sie jetzt, lasst die Zeit nicht stehen.

Braucht auch im März die Zeiger nicht mehr vorzudrehen.

Lasst mir die Tageszeit, wie sie im Sommer ist.

Die frühe Dunkelheit im Winter ist doch Mist!

Sagt mir jetzt nicht, ich könnt im Winter länger schlafen.

Erzählt das gutgläubigen Ziegen oder Schafen.

Einmal ne Stunde im Oktober nachts im Bett,

die macht im Dunkeln sowieso den Kohl nicht fett.

 

Ich brauch die Zeitumstellung nicht - lasst sie doch bleiben.

Warum die Zeitumstellerei denn übertreiben.

Einmal im März ist doch genug, dann lasst es sein -

der Körper, der gewöhnt sich daran von allein.

Das Hin und Her jedoch bringt alles durcheinander,

dass ich die Wohnung, bin ich schlaflos wach, durchwander,

will es im Sommer lieber abends länger hell,

und im Oktober meine Uhr nicht mehr verstell… 

 

© 2022 Gerd Schinkel