Nasenwuchs

 

Ein Blick in den Spiegel: Faltig und grau

schau ich mir in mein altes Gesicht.

Ich seh, was ich sehe und mach mir nichts vor,

selbst wenn mancher so nett widerspricht.

 

Kenn selbst alle die Sprüche. Hab oft sie zitiert:

Man sei nur so alt, wie man sich fühlt...

Und die Zeit zeigt Gewinner - und auch wer verliert.

Schließlich ist jede Glut abgekühlt.

 

Wenn man altert und schrumpft,

verschrumpelt wird, dick:

Warum wachsen dann Augenbrauen, Nase und Ohrn?

Hört und riecht man so besser?

Vielleicht klärt sich der Blick?

Geht nicht der, der sich sträubt, auch verlorn?

 

Ein Blick auf die Uhr: Es ist früh, doch zu spät,

um nachzuholn, was man versäumt.

Ich spür, was ich spüre: Die Knochen, das Kreuz…

Hätt mich längst, wenns was nützt, aufgebäumt.

 

Hab ja selbst oft gelästert: „Nun stell dich nicht an!

Mach dich fit! Sei beweglich! Treib Sport!

Speck ab! Bleibe rege, sonst rostest du ein...“ -

Oh, wie leicht spricht sich keck manches Wort...

 

Wenn man altert und schrumpft,

verschrumpelt wird, dick:

Warum wachsen dann Augenbrauen, Nase und Ohrn?

Hört und riecht man so besser?

Vielleicht klärt sich der Blick?

Geht nicht der, der sich sträubt, auch verlorn?

 

Ein Blick aus dem Fenster: Ich fühle den Herbst,

den ich tief in mir spür, auch wenns blüht.

Ich merk, was ich merke: Es ist nicht mehr so

wie es war, als ich Kräfte versprüht.

 

Es hilft ja nichts - geht eben nicht mehr so schnell

und ist genau so, wie es ist.

Man kann nichts dran ändern und weiß wie es kommt,

auch wenn man schon so manches vergisst.

 

Wenn man altert und schrumpft,

verschrumpelt wird, dick:

Warum wachsen dann Augenbrauen, Nase und Ohrn?

Hört und riecht man so besser?

Vielleicht klärt sich der Blick?

Geht nicht der, der sich sträubt, auch verlorn?

 

Ein Blick durch die Brille und drüber weg -

wenn sie fehlt ist kein Arm lang genug.

Genauer erkenn wolln hat gar kein Zweck -

Diese Einsicht ist nötig, nicht klug...

 

Ein Blick in die Zukunft – warum nur zurück?

Schließlich ist doch noch lange nicht Schluss.

Ich träum, was ich träume - und jeden Tag neu,

Gönn mir großen und kleinen Genuss.

 

Zeit sich mal nehmen, soviel wie man will –

verschwendet ist doch kein Moment.

Und Leben erleben - das Schöne geht vor,

weil man Schatten ja schließlich gut kennt.

 

Wenn man altert und schrumpft,

verschrumpelt wird, dick:

Warum wachsen dann Augenbrauen, Nase und Ohrn?

Hört und riecht man so besser?

Vielleicht klärt sich der Blick?

Geht nicht der, der sich sträubt, auch verlorn?

 

Copyright 2009 Gerd Schinkel

 

Immer mal wieder fällt mir in besonderer Weise auf, wie sich Menschen in ihrem Aussehen im Laufe der Jahre verändern. Nicht nur weil sie dicker werden, ihre Schwerpunkte verlagern. Auch im Gesicht, am Kopf tut sich manches, was über die Gründe für diese Veränderungen nachdenken lässt.