Schicksalsglück

 

Kaum erwartet,

schon der sorgenvolle Blick.

Kaum in Hoffnung,

schon die Angst fest im Genick.

So gefährdet,

was noch unterm Herzen liegt.

So geschehn

und nicht zu ändern: Glück versiegt.

 

Kaum geborn,

verliert sich irgendwo die Spur.

Kaum im Leben,

überlebt als Kreatur.  

Ausgeliefert denen,

die nichts Böses wolln.

Ausgesetzt, gefunden

und am End verscholln.

 

Kaum entbunden,

überstanden, überlebt.

Kaum bei Kräften,

als vor Schmerz die Seele bebt.

Schon verlorn,

was grad noch unterm Herzen lag.

So geschehn

und nicht zu ändern: Schicksalsschlag.

 

Kaum verpflanzt,

finden die Wurzeln neuen Halt.

Kaum zu bremsen:

Lebenslust, pur und geballt.

Ausgehalten,

 was an Zweifeln noch im Sinn.

Ausgefragt:

Wie kommts, dass ich bin wie ich bin.

 

Kaum vernarbt,

bricht eine alte Wunde auf.

Kaum ertragen,

was geschehn, der Dinge Lauf.

Schon gesucht,

was einmal unterm Herzen lag.

So gesehnt,

doch nicht zu ändern: Schicksalsschlag.

 

Kaum versucht,

mit Zuversicht und ohne Scheu.

Kaum zu glauben,

fällt die Nadel aus dem Heu.

Ausgelitten,

und in vielen Herzen Platz.

Ausgestanden:

Schicksals-Glück als Schmerz-Ersatz.

 

Kaum gefunden,

kaum verstanden, doch erfasst.
Kaum begriffen.

Und das Ziel beinah verpasst.
Schon bedroht

und eine Angst ums Herz sich legt.
So geschehn

und nicht zu ändern: Schicksal schlägt...

 

Kaum vernommen:

So viele Fragen schnell gestellt.
Kaum gefragt,

wird schon ein Hintergrund erhellt.
Grell beleuchtet,

Schatten auf dem Leben liegt.
Schicksalslaune,

die belastet, nicht besiegt.

Schicksalslaune,

die dich stärkt, nicht unterkriegt...

 

Copyright 2004 Gerd Schinkel

 

Ein verschlüsseltes Lied, das die Lebensgeschichte unserer Adoptivtochter wiedergibt: Als Baby durch unglückliche Umstände von ihrer leiblichen Verwandtschaft getrennt und zu uns gekommen, hat sie als junge Frau nach ihrer koreanischen Mutter gesucht und mit Glück ihre komplette Familie gefunden. Erhielt sie auf ihre Fragen auch fast nur angenehme Antworten, war die Spurensuche durch den Tod der Mutter tragisch überschattet.