Sei still

 

Verlassen und allein gelassen,

Stehplatz vor zugeschlagner Tür.

Verloren, zur falschen Zeit geboren.

Hart bestraft - aber kann doch nichts dafür.

Und die Augen werden größer,

ebenso der Hunger und die Angst.

Und die Fragen werden lauter,

während du um deine Antwort bangst.

 

Sei still, sei still,

willst du nur erklären, warum du nichts tust,

warum du bloß auf dem Matratzenlager ruhst.

Dann sei ehrlich! Sag: „Weil ich nichts ändern will!“

Doch belüg dich nicht, denn sonst sei besser still!

 

Vergessen, und auch nichts zu essen.

Hungerbauch am vollgedeckten Tisch.

Verraten, unters Rad geraten.

Vom Tisch gefegt mit einem kurzen Wisch.

Und die Augen werden größer,

ebenso die Ohnmacht und der Hass.

Und die Fragen werden lauter,

und du fühlst: Wir sitzen auf nem Pulverfass...

 

Geknechtet und als dumm geächtet.

Ausgesperrt wie ein missratnes Kind.

Gestoßen, als Kleine von den Großen.

Ausgeliefert, wie die Kleinen nun mal sind.

Und der Kloß im Hals wird größer,

auch das Unrecht, hältst du lang noch Rast.

Und die Antwort gib dir selber,

wenn du jetzt noch immer Fragen hast...

 

Copyright Anfang der 80er Jahre Gerd Schinkel

 

Dieses Lied entstand während meines Engagements für das Kinderhilfswerk „terre des hommes“. Anfang der achtziger Jahre bekamen wir Kontakt zur Ludwigsburger Arbeitsgruppe von „terre des hommes“, einer Nichtregierungsorganisation, die sich nach Art einer Bürgerinitiative der Hilfe für ausgewählte Projekte in ärmeren Ländern widmet. Wir haben über diese Organisation nicht nur unsere beiden Kinder aus Südkorea adoptiert, sondern uns auch einige Jahre an den Aktivitäten der Arbeitsgruppe in Ludwigsburg beteiligt. In dieser Zeit wurde ich auch 1984 und 1986 in den Bundesvorstand von „terre des hommes“ gewählt in dem ich drei Jahre nach Kräften mithalf, die Ziele des Vereins zu erreichen. Nebenbei entstand dieses Lied Mitte der achtziger Jahre. Mein Amt im Bundesvorstand mit Zuständigkeit für Öffentlichkeitsarbeit und Auslandsadoptionen habe ich 1987 vorzeitig niedergelegt, als die Mitgliederversammlung beschloss, die Adoptionsarbeit drastisch einzuschränken.