Frieden

 

Solang Männer Frauen schlagen –

wo ist da Frieden?

Solang Alte einsam klagen –

wo ist da Frieden?

 

Solang Schwache nachts nicht schlafen,

weil noch Angst im Halse steckt,

solang man mit Paragraphen

Unrecht säuberlich verdeckt -

wo ist da Frieden?

 

Solang Kinder Krieger spielen –

wo ist da Frieden?

Solang Krieger sorgsam zielen –

wo ist da Frieden?

 

Solang Eltern Kinder quälen,

und man Drogenkranke hetzt,

solang Arme nicht viel zählen,

und man die Umwelt blind zerfetzt –

wo ist da Frieden?

 

Solang Krüppel Häme dulden –

wo ist da Frieden?

Solang Herrscher Hass verschulden –

wo ist da Frieden?

 

Solang Rüstungsfabrikanten

sich volle Taschen produziern,

solang Friedensdemonstranten

Prügel und Beruf riskiern -

wo ist da Frieden?

 

Solang Mächte Machtgier zeigen –

wo ist da Frieden?

Solang Opfer hilflos schweigen –

wo ist da Frieden?

 

Solang Wahnsinnswaffen knarren,

und man die Erde scharf vermint,

wir auf diese Welt bloß starren,

haben wir sie so verdient!

Was soll da Frieden?

Was soll da Frieden?

Was soll da Frieden?

 

Copyright Anfang der 80er Jahre Gerd Schinkel

 

Nicht schlecht, so ein Friedensnobelpreis in unfriedlichen Zeiten. Ein Abkommen zur Beilegungen von Gewalttätigkeiten - auch nicht übel. Ein Vertrag, damit man sich verträgt - weshalb sonst. Aber wie verträgt sich so ein Vertrag zur Regelung von Friedensfragen mit unfriedlichen Lebenszeichen allenthalben? Lügt man sich in die Tasche und nimmt einfach eine unfriedliche Welt für friedlich? Bitte jetzt nicht falsch verstehen: der Wert von friedensstiftenden Schritten - egal, ob schriftlich fixiert oder nicht, auch Versuche sind schon mehr als nichts - soll nicht bestritten werden. Aber wenn denn dann erreicht wird, dass Waffen schweigen, keine Kugeln mehr fliegen oder Granaten und Bomben mehr explodieren, dann - fängt die "Friedensarbeit" eigentlich erst an, oder? Angesichts der unfriedlichen Lebensumstände in vielen Regionen und Flecken der Welt (auch in unserer unmittelbaren Umgebung) schien mir die Frage gerechtfertig, wo denn überhaupt Frieden zu erkennen ist.

 

Anfang der 80er Jahre erreichten in der Bundesrepublik die Demonstrationen gegen die atomare Aufrüstung in Ost und West ihren Höhepunkt – wobei sich nicht alle Demonstranten genauso entschieden gegen die Raketen im Osten wandten, wie sie die im Westen verdammten. Der Text sollte die damalige „Friedensbewegung“ in ihrer „Friedensbesoffenheit“ ein wenig ernüchtern, und zwar mit der Fragestellung, wo denn Frieden überhaupt zu finden ist und schließlich auch vorstellbar oder zu rechtfertigen wäre... geschrieben Anfang der achtziger Jahre. Meine Rockgruppe „Krise“ hatte zunächst eine andere Melodie zu diesem Text, und dann bekam die neue Melodie auch noch einen anderen Text, so dass am Ende das Lied wieder in der ursprünglichen Fassung zurück blieb...