BRUDERKRIEG

 

 

 

Da fährt ein Panzer übers Auto,                           Ga6

 

als obs ein Maulwurfshügel wär.                         h-a6

 

Wer dies mit Entsetzen sieht, denkt sich,          Ga6

 

der Fahrer lebt nicht mehr.                                 h-a6

 

und der Panzer, der fährt weiter,                         CH8

 

Richtung Kiew - es ist Krieg                                  H7e

 

und im Kreml Kriegsherr Putin glaubt,                a6H8

 

der Krieg bringt ihm den Sieg.                              CD9G

 

 

 

 

Wie überlebt im Krieg die Wahrheit?

 

Kriegt man Tatsachen zu sehn?

 

Was erfährt man über Opfer?

 

Lässt sich die Perspektive drehn?

 

Woher holt man sich Gewissheit,

 

dass Gehörtes wirklich stimmt,

 

und man Lügen, Propaganda

 

nicht für bare Münze nimmt.

 

 

 

Ist es, so wie gesehn, geschehen?                              H7e

Ist es, wie registriert, passiert?                                     H7e

Wer fasst die Wirklichkeit in Worte,                              H7

Was wird in Bild und Film notiert?                                 AD

Aus dem überrollten Auto                                              H7e

holt man den Fahrer lebend raus –                              H7e

eingeklemmt und schwer verletzt...                              H7e

Kam er am End doch noch nach Haus?                     ADG

 

 

 

Eltern, Großeltern und Kinder

 

lässt Kriegsherr Putin bombardiern -

 

er will das Nachbarland im Süden

 

aus reiner Machtgier okkupiern,

 

er lässt das Brudervolk beschießen,

 

gewissenlos mit Aggression,

 

öffnet mit seinem Krieg die Hölle,

 

ist selbst der Teufel in Person.

 

 

 

Doch es regt sich auf den Straßen

 

auch in Putins Reich Protest,

 

und die Schergen des Diktators

 

nehmen Demonstranten fest.

 

In der Ukraine wehrn sich Menschen,

 

weil sie der Nachbar überfällt,

 

dessen Herrscher sich selbstherrlich

 

an die Heeresspitze stellt.

 

 

 

Tatsächlich jubelt dem Despoten

 

sogar weltweit Gefolgschaft zu,

 

und es senkt sich übers Schlachtfeld

 

irgendwann die Friedhofsruh.

 

In Geschichtsbücher geschrieben

 

wird, was der Sieger lesen will…

 

und die’s miterlebt, gelitten,

 

erinnern sich und bleiben still.

 

 

 

Schließlich stirbt auch noch die Sprache,

 

denn die Worte werden leer –

 

Ihren Sinn, den sie einst hatten,

 

haben sie schon längst nicht mehr.

 

Wer die Macht hat, kann sich nehmen,

 

was er will - er hat die Macht –

 

Auch der Sprache die Bedeutung –

 

heller Tag wird so zur Nacht.

 

 

 

So macht man zur Farce die Wahrheit.

 

Lüge wird zur Literatur.

 

Als preiswürdige Phantasie ist sie

 

nicht mehr als Märchen pur.

 

Und man zwingt mit strengster Strafe

 

keine Zweifel auszusäen,

 

und sich damit abzufinden,

 

aus Lüge Wahrheit sich zu drehn.

 

 

 

Übrig bleiben Marionetten,

 

von Apparatschiks fernbedient,

 

das Leben läuft auf strikten Bahnen

 

und abseits ist das Land vermint.

 

Doch man kann sich ganz hoch oben

 

vorstelln, wie es anders wär –

 

und befürchtet, so wird’s wieder

 

und wie es ist, bleibt es nicht mehr.

 

 

 

© 2022 Gerd Schinkel