Eine neue Sekte drängt
auf den Glaubensmarkt.
Sie hat zu ihrem Kult den Weg
mit Klobürsten geharkt
Sie fleht zum hohen Kühlturm
und betet autonom
und singt das hohe Lied
vom unverzichtbaren Atom.
Rosige Zukunft –
verheißenes Glück,
bleibt gegenwärtig Abfall
strahlend in Ewigkeit zurück.
Ihr Licht steht unterm Scheffel,
ist beinah abgestellt,
die dunkle Nacht wird deutlich
mehr von Glühwürmchen erhellt.
Sie strahlt sogar im Dunkeln
und liebt den Glanz von Chrom
und singt uns den Choral
vom unersetzbaren Atom.
Sie verbreitet fromme Märchen,
damit man Lügen glaubt,
das Vertrauen in Wahrheit wird
so hinterrücks geraubt.
Tatsachen verdreht man,
Zweifel man verschweigt
wenn man auf Unzulängliches
in schöner Färbung zeigt.
Sie schickt ihre Propheten
auf Touren zur Mission,
die solln den Menschen einbläu‘n,
wie sich Investitionen lohn’n.
Der Glaube versetzt Berge,
die der Aberglaube dreht.
Stehn bös Erweckte zwischen Trümmern,
dann ist es zu spät.
Ausgesandte Missionare
unser Land durchziehn,
predigen uns Unsinn,
der längst überwunden schien.
Wir sollen ihnen glauben,
weil sie davon profitieren,
wenn sie uns erzähln,
wir hätten gar nichts zu verliern.
Streusand in die Augen,
Nebel schluckt den Blick.
Gesäusel in den Ohren,
Taschenspielertrick,
falln wir auf sie rein
und gehen ihnen auf den Leim,
klebt unter unsern Sohlen
nuklearer Schleim.
© 2022 Gerd Schinkel