DIE ALTE KASERNE

 

 

 

 

 

Was tun mit ner alten Kaserne,                Ceaa/G

 

die keine Soldaten mehr hat?                  FG

 

Da steht noch ne alte Laterne,                 eaa/G

 

doch kein Uniformierter parat.               DD7G

 

Was tun mit dem alten Gemäuer,            Ea

 

wo manchem das Rückgrat man brach. DG

 

Es war überflüssig und teuer.                 ea

 

Zu was ist es nütze, danach…                FGC

 

Die Marinekaserne in Glückstadt,

 

die bekommt eine neue Funktion,

 

weil man mit hier Besonderes vorhat,

 

und was genau, weiß man auch schon.

 

Man rechtfertigt das mit Beschwerden,

 

dass es nicht mehr so weitergehn kann.

 

Ein Abschiebeknast soll draus werden,    ea

 

wo man Menschen drin einsperrn kann.   FGa

 

 

 

Je zwanzig aus Schleswig-Holstein,

 

Niedersachsen und aus Meck-Pomm,

 

die will man nur schnell wieder los sein,

 

kaum sind sie bei uns angekomm‘.

 

Für die Sechzig, die dort in Gewahrsam,

 

siebzig Planstellen fürs Personal.

 

Drei Länder, die dies finanzieren,

 

als wäre das völlig normal.

 

Fast alle Partei’n sind sich einig:

 

Die nächste Wahl ist nicht mehr weit.

 

Nun muss man Entschlossenheit zeigen –

 

und so vermeidet man Streit.

 

CDU, SPD, Liberale und Grüne

 

ziehn an einem Strang.

 

Kommt Menschenrecht unter die Räder,

 

steckt dahinter immer ein Drang.

 

 

 

Man fürchtet sich vor Überfremdung,

 

hat Angst, dass nichts bleibt, wie es ist.

 

Man will keine Blöße sich geben,

 

wenn man sich menschlich zu zeigen vergisst.

 

Sie ham nix getan, nichts verbrochen,

 

sind nur aus der Heimat geflohn,

 

waren irgendwo untergekrochen,

 

hofften, hier könnt sie keiner bedrohn.

 

Nun droht Leben hier in einer Weise,

 

die man „Wohnen minus Freiheit“ genannt.

 

Man erwartet, sie fügen sich leise,

 

und verlassen baldmöglichst das Land.

 

Zugemutet wird ihnen ein Leben,

 

in dem nun an Würde es fehlt.

 

Freiheit, die für uns selbstverständlich,

 

man ihnen bei uns vorenthält.

 

 

 

Das entscheiden bei uns Bürokraten,

 

die populistisch sich Rückenwind holn,

 

die die Menschenrechte verraten,

 

und sich wichtig tun auf leisen Sohln.

 

Sie geben sich laut demokratisch,

 

von Gewissen und Werten gelenkt,

 

und halten sich selbst für sympathisch,

 

denken jeder Vertraun ihnen schenkt.

 

Doch die Menschen dort in der Kaserne

 

stehn verständnislos innen vorm Zaun,

 

der Gewalt entflohn in weiter Ferne,

 

um der Zukunft sich anzuvertraun.

 

Solang wir sie am liebsten vertreiben,

 

weil sie anders als wir sind, uns stört,

 

wir sie zwingen wolln, hier nicht zu bleiben,

 

es sie, wenn sie es doch wolln, empört.

 

 

 

Welches Dasein wir ihnen gewähren,

 

welche Chancen zur Integration,

 

sehn wir, wenn sie sich gegen uns wehren,

 

uns verachten mit Abscheu und Hohn.

 

Warum könn manche es nicht ertragen,

 

Hilfe, die gebraucht wird, zu gewährn,

 

dass sie sich deshalb lautstark beklagen,

 

und sich heftig darüber beschwern.

 

Die alte Kaserne in Glückstadt

 

steht für unsägliche Tradition.

 

Es gäb die Chance mit ihr zu brechen –

 

aber wir bewahren sie schon,

 

indem wir die Kaserne umzäunen,

 

niemand raus soll, den wir interniern,

 

und wir damit es wieder versäumen,

 

unser Fratzengesicht zu verliern.

 

 

 

 

 

Copyright 2021 Gerd Schinkel