Der getürkte Putsch

 

 

 

Es war wohl einem Mächtigen die Macht nicht mehr genug –

 

Er wollte immer noch mehr Macht und hielt es auch für klug.

 

Er sann auf ein Rezept, auf eins, das ihm mehr Macht versprach,

 

und zwar gleich über Nacht, dass er mehr Macht besaß danach.

 

 

 

Er dachte, ich denk mir was aus, was überhaupt nicht stimmt:

 

Sag einfach, einen gäb’s, der droht, dass er die Macht mir nimmt.

 

Das macht den Leuten Angst, die wolln, dass ich die Macht behalt.

 

Sag ich dann, dass er putscht, dann schützen die mich mit Gewalt.

 

 

 

So machte er nen Plan und spielte selbst den Regisseur,

 

gab Teilen der Armee ein Zeichen – das war gar nicht schwer….

 

Nur ein paar höchste Offiziere hat man eingeweiht,

 

versprach ihnen Beförderung und schon warn sie bereit.

 

 

 

Man gab Befehl: „Rekruten, Marsch! Rückt aus, Soldaten, jetzt!!!

 

Es gibt zentrale Brücken, seht zu, dass ihr die besetzt.

 

Ihr sperrt die ab, und fahrt mit Panzern vor das Parlament,

 

besetzt den Sender und tut so, als ob es eilt und brennt.“

 

 

 

Im Radio sagt ihr, ich wär entmachtet – ich wär weg –

 

Dabei bin ich dann irgendwo ganz sicher im Versteck.

 

Dann sagt ihr, alles wär erledigt, euer Putsch gelang –

 

Dann wird meiner Gefolgschaft erstmal richtig angst und bang.

 

 

 

Dann meld ich mich per Handy live und sag, ich wär in Not,

 

weil mir ein Teil des Militärs die Macht zu nehmen droht.

 

Und schick dann meine Wähler auf die Straßen zum Protest –

 

die sind fanatisiert genug – die machen dann den Rest.

 

 

 

Meld ich mich dann zurück, sag ich, wer putscht, dem geht es schlecht.

 

Dass darauf strengste Strafe folgt – dass so ein Putsch sich rächt.

 

Es soll ja keiner denken, sowas sag ich nur zum Spaß

 

und alles liefe wie gewohnt, mehr folgt auch nicht – das war’s.

 

 

 

Dann sollen alle, die beim Putsch dabei warn, gleich in Haft.

 

Gesetze kümmern mich nicht mehr, ich setz sie außer Kraft.

 

So kann jeder erkennen, dass sich Widerstand nicht lohnt.

 

Und wer es trotzdem wagen sollte, der wird nicht verschont.

 

 

 

Rekruten, die geglaubt, sie würden ins Manöver ziehn,

 

die hält man fest, verprügelt sie, versuchen sie zu fliehn,

 

ein paar wirft man, zur Abschreckung, die wirklich funktioniert,

 

ganz einfach von der Brücke, die sie vorher noch blockiert.

 

 

 

So gehn dann ein paar Leute drauf – das Leben ist halt hart.

 

Jeder lebt auf seine Weise, stirbt auf manche Art.

 

Demokratie bleibt rein, wenn sie in Blut gebadet wird.

 

Wer annimmt, dass sie überlebt, der hat sich halt geirrt.

 

 

 

Richter wird man los, wenn man sie kurzerhand entlässt,

 

und wer das kritisiert, den nimmt man ohne Rücksicht fest.

 

Was danach im Gefängnis noch mit denen dann passiert,

 

danach kräht doch kein Hahn, falls man sein Leben dort verliert…

 

 

 

Der Mächtige ist gläubig und sagt, Gott hätt ihn beschenkt

 

mit diesem Putsch, und man wüsst auch genau, wer ihn gelenkt.

 

Der Mächtige nutzt sein Geschenk zum Ausbau seiner Macht –

 

Wer mag, schaut weg –wer nichts sieht, hat die Augen zugemacht.

 

 

 

Dann wird eine Verschwörung von Verrätern aufgedeckt,

 

dahinter hätt’ dann diese oder jener Macht gesteckt…

 

Im Land kann dann nur einer noch entscheiden und befehln –

 

Nur wer dem Herrscher zujubelt, der darf ihn auch noch wähln…

 

 

 

Der Text ist von mir ausgedacht, erfunden – nicht verbürgt.

 

Rekruten, die gelyncht, ermordet, die sind nicht getürkt.

 

Manches, was passiert, das übersteigt die Phantasie…

 

Manches Unvorstellbare passiert – man glaubt es nie…

 

 

 

Copyright 2016 Gerd Schinkel