AUSGEBLENDET
Fast entfallen, lang verblichen,
im Nebel weit zurück verhüllt,
ausgeblendet, ausgestanden,
eingestampft, zerfetzt, zerknüllt,
nicht mehr mit sich rumgetragen,
längst entledigt als Ballast,
dem man keine Träne nachweint,
wie ein Hemd, das nicht mehr passt.
Mit Abstand lässt sich viel verdrängen,
doch nichts will vergessen sein -
Längst vergangene alte Zeiten
holn mich wieder ein…
Alte, längst vergangene Zeiten
verklärn sich von allein
Eingestürzte alte Mauern,
Hinterhof-Idyll in grau,
Rost, Ruinen, Ratten, Reste –
Rohstoff für den Neuaufbau.
Pfützen, Löcher, Höhlen, Gräben
Einschusslöcher unverputzt,
Backsteinwände, Kopfsteinpflaster,
unbedarft im Spiel verschmutzt,
Mit Abstand lässt sich viel verdrängen,
doch nichts will vergessen sein -
Längst vergangene alte Zeiten
holn mich wieder ein…
Mit platter Nase sprachlos staunen,
Schaufenster in Träume ziehn,
mit Wünschen sich beherrschen lernen,
in keine Parallelwelt fliehn,
fasziniert vom Bildschirmwunder,
Nachbarort auf anderem Stern,
eingezwängt in Zwergschulbänke,
ewig her, unendlich fern…
Mit Abstand lässt sich viel verdrängen,
doch nichts will vergessen sein -
Längst vergangene alte Zeiten
holn mich wieder ein…
Rausgeschickt und rausgewachsen,
kurze Ärmel angesetzt,
oft gestopfte Strümpfe tragen –
Hosenboden durchgewetzt.
Eingebunden in ein Leben,
das die Spur des Alltags nimmt,
unerschütterlich geborgen –
ohne Zweifel – alles stimmt.
Mit Abstand lässt sich viel verdrängen,
doch nichts will vergessen sein -
Längst vergangene alte Zeiten
holn mich wieder ein…
Copyright 2012 Gerd Schinkel