Würde
Manche sind Naturtalente, andere gut geschult –
wissen wie man Wunden zufügt, tief in ihnen pult.
Manche
sind nur Vorgesetzte, die allein nicht stehn,
an der langen Leine laufen, nach dem Wind sich drehn.
Manche sind von Angst getrieben, fletschen ihr Gebiss,
beißen wild nach allen Seiten, haben doch nur Schiss.
Manche schneiden Ehre ab und bleiben ungeschorn -
Wer anderen die Würde nimmt, hat seine längst verlorn.
Manche haben viele Launen, die sie offenbarn,
haben längst vergessen, wie tief unten sie mal warn.
Manche wissen alles, besser als es jeder weiß,
Posten geben Weisheit, ein Quadrat wird so zum Kreis.
Manche sind so fest entschlossen zwischen Hü und Hott,
Hauptsache der Laden läuft, und wichtig ist nur flott.
Manche sind nicht gleich so, andere werden so geborn –
Wer anderen die Würde nimmt, hat seine längst verlorn.
Manche geben sich scheißfreundlich, jovial und nett,
als Lebensretter jeder Fliege, die Bedarf dran hätt.
Manche kommen gern entgegen, stellen sich gern dumm,
gehn auch über Leichen, und am liebsten hintenrum,
Manchen geht es nur darum, dass die Fassade glänzt,
hassen dich, wenn du das, was darunter ist, erkennst.
Wärn andere so kalt wie sie – sie wären längst erfrorn:
Wer anderen die Würde nimmt, hat seine längst verlorn.
2010