Die Moral
Wir stehn vorm Abgrund mit dem Rücken an der Wand,
haben alles im Griff, aber gar nichts in der Hand,
alles fest im Blick, doch soviel wie nichts durchschaut,
stehen felsenfest auf Grund -und ham auf Sand gebaut,
wissen alle, wie wir heißen, aber nur nicht wer wir sind,
sind verrückt dran zu glauben, dass stets nur der andere spinnt,
stelln nur Fragen, wenn wir schon die Antwort kenn’.
Es gibt kein ob, kein warum und auch kein wenn.
Wird alles ungerechter, dann geht’s uns nur besser
mit genug Gelächter.
Denn es wird alles schlechter – und nur eins wird besser:
Die Moral wird schlechter.
Wir gehn nach vorn, aber blicken nur zurück,
sind vom Pech verfolgt, ham damit auch noch Glück,
drehn wie blöd im Kreis, wolln zum Horizont,
wissen stets alles besser, ham nie was gut gekonnt,
kenn das Ziel, auch den Weg, kommen trotzdem nicht vom Fleck,
machen sauber, sind herausgeputzt, stehn knöcheltief im Dreck,
sehn nur drauf, vielleicht noch drüber - nur nicht hin,
gehn rein und raus, und sind doch irgendwie nie drin.
Wir haben alles - aber brauchen immer mehr,
ham für alles Platz, was doch entbehrlich wär.
Jeder Schlussverkauf ist Grund genug zur Flucht,
Nie dabei zu sein wär doch absolut ne Wucht.
Die Augen schonen für das, was sich zu sehen lohnt.
Auf sich selbst beschränkt, auf das was einem innewohnt,
damit zufrieden, was einen selber hält,
wär doch genug, weil es die Weiche richtig stellt.
Denn es wird nur gerechter, geht’s allen besser
ohne Weltverächter.
Dann wird’s nicht mehr schlechter, die Moral wird besser
und die Welt gerechter.
Copyright 2010 Gerd Schinkel