Echtes Leben
Echtes Leben müsst ich wieder lernen.
Weiß nicht, ob ich’s will und kann…
Bin ich dazu nicht in der Lage.
Was soll dann werden, was ist dann?
Hab gelebt in festem Rahmen,
alles geordnet und sortiert,
hab getan, was mir befohlen,
so problemlos funktioniert.
Aber dann irgendwann
ging’s zurück ins echte Leben
doch seit mir der Rahmen fehlt,
leb ich daneben…
Ich muss zu leben wieder üben,
es lebt sich nicht von allein,
Befehle ausführn und auch geben,
fehlt der Sinn, ist man allein.
Keine Order und kein Einsatz,
kein Kommando, kein Befehl,
ziellos lauf ich durch die Gegend,
wenn ich mich im Alltag quäl.
Lange her, irgendwann,
kannte ich das echte Leben,
doch seit mir der Rahmen fehlt,
leb ich daneben…
Ich will zurück in meine Ordnung,
da gab’s Regel und Struktur.
Ich weiß nicht mehr, was normal ist.
Für mich ist das Chaos pur.
Keiner sagt mir, was ich tun soll,
höchstens was ich machen kann.
Hab verlernt, mich zu sortieren,
weiß nicht, wie fang ich das an.
Zum Bäcker gehn, oder ins Kino,
muss ich anstehn, dreh ich durch
Wer steht vor mir in der Schlange,
mich packt Panik, spür die Furcht,
wer trägt Waffen, gut verborgen,
Sprengstoff, der gleich explodiert,
bin vor Ängsten schweißgebadet,
denn wer weiß schon, was passiert.
Menschenmassen vor den Kassen,
drinnen spielt gleich eine Band,
angstvoll durch den Eingang schieben -
ich bin, wie mich keiner kennt,
seit ich weg war, wurd ich anders,
war auf Risiko trainiert,
hab mich sonst um nichts gekümmert,
nur auf Sicherheit dressiert.
Nun sitz ich beim Psychologen,
und gleich mach ich einen Test,
und danach, ich wette, dass der
mich dann endlos reden lässt.
Doch was soll ich dem denn sagen,
was kann ich ihm denn erzähln,
dass ich nachts oft schreiend aufwach,
weil mich schlimme Träume quäln.
Copyright 2018 Gerd Schinkel