Migration
Mein Opa kam auf Arbeitssuche an die Ruhr, DD/C#D/HA
aus Polen, vor mehr als hundert Jahrn ne lange Tour. DD/C#D/HA
Fand an der Elbe hoch im Norden Lohn und Glück. D/ED/F#GA
nahm meine Oma in den Ruhrpott mit zurück. D/ED/F#GA
Er starb für Deutschland, Bomben machten Städte platt, Gf#
von Lebensmittelmarken wurde niemand satt. Gf#
Nur noch Haut und Knochen, Oma auch nicht mehr viel wog, eF#GA
als sie mit beiden Kindern zu ihren Eltern zog. eF#GAD
Sie war noch jung, als meine Mutter mich bekam,
und jung geschieden sie mich mit ins Rheinland nahm.
So kamen wir vom Flachland in die Kölner Bucht -
in gewisser Weise waren wir auch auf der Flucht..
Mit acht Jahrn von der Elbe an den Rhein geschwappt,
die Wurzeln hoch im Norden kurzerhand gekappt,
als Fremder dort gelandet, wo man anders spricht,
war es auch ungewohnt, gestört hat es mich nicht.
Hab mich so mit den Jahren hier assimiliert,
das ist schon etwas mehr als einfach integriert.
Ging sogar soweit, dass mir Karneval gefiel -
das war kein Wille - ging von selbst, fast wie im Spiel.
Fand fern der Heimat eine Frau an Englands Strand,
sie sprach ganz fremd, kam tief aus dem Schwabenland.
Ich zog ihr nach, bin an den Neckar emigriert.
Hab da als Fischkopf unter Schwaben existiert.
Wir haben mutig uns zu heiraten getraut,
auf evangelisch und katholisch nicht geschaut,
zwei, die sich lieben, schaun nicht auf Konfession -
bekamen zunächst eine Tochter, dann nen Sohn.
Die waren um die halbe Welt her emigriert -
wir haben beide aus Korea adoptiert.
Sind als eurasische Familie dann migriert,
fünfundachtzig nach Köln der Arbeit wegen emigriert.
Ab neunundachtzig kam die Ostmigrantenflut -
die Grenzen warn gefallen, und so fassten viele Mut.
Bei dichten Grenzen war die Flucht vorher gewagt -
und jedem drohte Knast, der über Grenzen sich beklagt.
Mancher hat sich von der Heimat abgekehrt,
über das Leben dort lange noch beschwert.
Der reiche Westen lockte mit dem höh'ren Lohn...
war das kein klarer Fall von Wirtschaftsmigration...?
Ich bin migriert von Schleswig-Holstein an den Rhein,
geflohen und auf Arbeitssuche, gab kein' Grund allein
Weil es uns gut geht, dies woanders Sehnsucht weckt -
nach bess'rem Leben jeder sich die Lippen leckt...
Nun kommen and're Migranten von weit her,
hoffen, ihr Leben hier ein besseres wär.
Und ihre Angst vor Hass, Verfolgung, Krieg, und Not
ist größer noch als unterwegs die Furcht vorm Tod.
In dieses Land sind viele Menschen immigriert,
was nicht so schlimm ist - hier ist Schlimmeres passiert.
Die alten Leute hier, die werden immer mehr,
deshalb ist gut, kommen junge Menschen her.
Wo wär dies Land, wär' nie einer immigriert?
Wir wärn Barbarn - lang noch nicht zivilisiert.
Wenn niemand je aus Afrika gekommen wär',
wär' dieser Kontinent vielleicht noch menschenleer...
Copyright 2015 Gerd Schinkel