Big Brother 2015 (30 Jahre danach)
Es blendet grell ein weißes Licht,
man kann vor lauter Helligkeit nichts sehn.
Ringsum sind leere Straßen
und doch bleibt vor Platzangst keiner stehn.
Beklemmung presst die Gurgel zu
und zwingt auf die Stirne kalten Schweiß.
Sie lässt die Knie zittern
und fährt in die Gesichter käseweiß.
Big Brother is watching -
längst ist es soweit
Mit Kameras und Servern
hat er heute eine gute Zeit
Draußen weht ein seichter Wind
doch bewegt er keine Luft.
Die Blüten stehn in voller Pracht
doch du atmest keinen Duft.
Die Nackenhaare sträuben sich
und darunter ist ne Gänsehaut.
Die Spitzel wirken hinter Schirmen -
wehe dem, der ihnen blind vertraut.
Auf Straßen und auf Plätzen
werden alle ohne Ausnahme erfasst.
Bürgerwehren kontrolliern
was du bei dir zu Haus verloren hast.
Gestöbert wird per Telefon,
dein Mail-Adressenbuch ist dir längst geklaut,
und in die Welt verbreitet und du staunst,
weil dir kein Partner mehr vertraut.
Wer weiß, in welchen Datenspeichern
schon deine Leberwerte stehn.
Adresse, Schulden, Kontostand -
uf Speicherplatten sind sie gut zu sehn.
Der Zugriff ist direkt, weder Schlüssel
noch ein Passwort sperrn dein Haus.
Und plötzlich stehst du ohne Job da,
kommst aus dieser Falle nicht mehr raus.
Big Brother is watching -
du bist blind und taub.
Und willst du dich beschweren,
hast du den Datenschutz dir längst geraubt, selbst geraubt..
In der vollen Straßenbahn
will einer dringend dich am Handy hörn.
Dass alle Leute mithörn, scheint dich
nirgendwo nur eine Spur zu störn.
Zuhause machst du online-banking,
chattest ohne Zögern um die Welt
und surfst im world wide web
bedenkenlos, weil dir die weite Welt gefällt.
Bei Facebook, Twitter, Instagram
und bei What's up bist du stets present,
zählst deine likes und Freunde, als ob's
wichtig wär', wenn Hinz und Kunz dich kennt,
schreibst täglich wie's dir geht, wo du bist,
und zu wem du gleich noch gehst -
sagst, dass du all die Sorgen,
ob denn Daten sicher wären, nicht verstehst.
Big Brother is watching -
sieh nur genauer hin.
Du musst für dich was ändern -
Sonst gibst du deine Freiheit selber hin, selber hin.
Copyright 2015 Gerd Schinkel