Substanzen
Da war ne Dopingprobe positiv
und das war ziemlich negativ -
da wollt ein Zauberlehrling selber hexen,
aber das ging gründlich schief.
Und alle Wettkampf-Konkurrenten
und Betreuer, sie sind ganz entsetzt -
hat da wohl einer nur gepennt,
zu viel gequatscht, etwa sogar gepetzt...
Eine Athletin schließt man aus, und auch
ihr Trainer wird gleich suspendiert.
Dabei wollt er nur nicht riskiern,
dass sie im nächsten Wettbewerb verliert.
Der Presse und der Kommission
sagt er, er hätte davon nix gewusst -
und seinem Schützling stets geraten:
Mach bloß immer alles wie du's musst.
Und jetzt sind alle wieder so verlogen,
manche sind empört -
und hat sich jeder wieder selbst betrogen,
keiner sich dran stört.
Der eine greift zum Elixier, der andere
nimmt wie immer die Substanz,
der dritte bricht Tabletten in der Mitte durch,
der vierte schluckt sie ganz.
Die Diva steht im grellen Licht -
die große Bühne, das ist ihre Welt,
singt sich die Seele aus dem Leib,
weiß aber nicht, wohin mit ihrem Geld.
Sie weiß genau, wo sie bekommen kann,
von dem sie denkt, dass sie es braucht,
damit sie abhebt und dann fliegen kann,
berauscht in andere Sphären taucht.
Und im Hotel kann sie sich gönnen,
was sie will, weil sie es immer kriegt,
Was sie bestellt, wird auch geliefert -
bis sie tot im Badewasser liegt.
Dass es so kommen würde, sagt so mancher,
hätt sie selber längst gewusst -
auch wenn sie stets nach der Devise lebte:
Mach nur immer, was du musst.
Und im Ballett-Ensemble wird mal wieder
ganz erbarmungslos gedrillt.
Da zählt nur Leistung, die man sehen kann,
egal, wie dick der Knöchel schwillt.
Und wenn die Kräfte dann mal schwinden,
gibt es Mittel, die man einfach schluckt.
Sowas lernt man bei den anderen
mit Erfahrung - da wird abgeguckt.
Wenn man dann auf der Bühne tanzt,
kriegt man am Ende dafür viel Applaus,
und so vergisst man jede Nebenwirkung
oder hält sie tapfer aus.
Für den Erfolg, empfiehlt der Manager,
mach immer alles, was du musst -
Genauer will das keiner wissen - doch am End
hat's jeder stets gewusst.
Da sind die Helden der Nation im Einsatz,
irgendwo am Rand der Welt -
für'n Appel und n Ei riskiern sie
Kopf und Kragen, an die Front gestellt.
Und wenn ne Bombe explodiert, denkt
in der Nähe mancher, dass die Erde bebt,
und hofft, dass er, wenn dieser Tag
vorüber ist, den Abend noch erlebt.
Er merkt, wie seine Hände zittern, spürt,
wie aus dem Kopf die Angst nicht weicht.
Er greift zum Röhrchen mit den Pillen,
nimmt so viele, dass es sicher reicht.
Er hört wie jeden Tag Befehle,
wie an jedem Tag ist ihm bewusst:
Hier kannst du machen was du willst,
solang du tust, was du hier machen musst.
Den ganzen Tag schon spieln die Kurse
an der Börse wieder mal verrückt.
Manche Geschäfte bringen nur Verlust,
doch manchmal auch eins glückt.
Und wenn die Kurven rauf und runter gehn,
gibt's kostenlos den guten Rat:
Behalt die Nerven und hab, falls du
unterzuckerst, immer was parat.
Und wenn die Kurse schwanken, sind ja
nicht nur Risken, auch Chancen groß.
Die Nerven sind kurz vorm Zerreißen,
mancher weiß von sich, das schafft er bloß,
wenn er genau den Tipp befolgt:
Mach immer alles so, wie du es musst:
Kommt dann mal irgendwas dazwischen,
dann hat niemand jemals was gewusst.
In der Versicherung, dem Unternehmen,
in der Firma, im Konzern,
zählt nur die Leistung, die man bringen muss,
wer die bringt, den bezahlt man gern.
Wie man das hinkriegt, ist egal -
solang das Resultat am Ende stimmt.
Dann wird auch keinen interessiern,
was einer morgens oder abends nimmt.
Was einer sich da nun an Tropfen
oder Pillen täglich einverleibt,
sich in die Adern oder Muskeln spritzt,
ins Zahnfleisch was für Salbe reibt -
solange er die Leistung bringt,
die man von ihm erwartet, wird gelobt -
und keiner fragt, wie er das macht,
ob er sich etwa und wie häufig dopt.
keiner will's wissen, was er nimmt,
womit er sich und auch wie häufig dopt...
Copyright 2014 Gerd Schinkel