Stummschaltung

 

Wenn einer, der sonst gerne redet, beharrlich verschweigt,

und auch noch so tut, als ob er keine Fragen mehr hört –

einer, der sich schon mal überaus leutselig zeigt,

sich öffentlich auch gern mit Eifer moralisch empört,

dann meint, dass er sich ganz gewiss gar nichts vorwerfen muss,

weil er, was er macht und gemacht hat verantworten kann,

der bereitet dann schließlich nichts Anderes als nur Verdruss

und ist für das Amt, das er hat, nicht der richtige Mann.

 

Wenn er Präsident wär,

dann wüchs der Druck doch noch viel mehr:

Wann kommt der Abgang, da ist der Ausgang,

da die offene Tür.

Wenn er nicht versteht, was wirklich nicht geht,

fehlt ihm vor allem Gespür.

 

Wenn einer, der blumig gern redet, trotzdem gar nichts sagt,

wär’s doch im Grund auch genug, wenn er einfach nur pfeift.

Tut er, als gäb’s nichts zu erklärn, als ob niemand was fragt,

zeigt er, dass er nichts sagen will und statt dessen nur kneift.

Meint er, es reicht, wenn man bloß mit den Leuten nett schwätzt,

und alle wär’n von ihm schon ganz hin und weg und beglückt,

dann kann es gut sein, dass er sich dabei gründlich verschätzt,

und man ihm verübelt, dass er sich vor Antworten drückt.

 

Wenn er Präsident wär,

dann wüchs doch der Druck noch viel mehr:

Wann kommt der Abgang, da ist der Ausgang,

da ist die offene Tür

Wenn er nicht versteht, was wirklich nicht geht,

fehlt ihm vor allem Gespür.

 

Trät er nach längerem Drängeln vor ein Mikrofon

gäb nur was zu, was er längst nicht mehr abstreiten kann,

und meinte, wenn er dies bedauert, genügt das wohl schon,

und hielt sich danach für entlastet wie ein Ehrenmann.

Doch nur so ein „Sorry, ihr Leute, das tut mir jetzt Leid “,

wenn er sich bloß von einem schlechten Beraterfreund trennt,

zeigt, für manche Aufgaben ist ihm die Jacke zu weit -

er taugt längst nicht für jedes Amt und nicht als Präsident.

 

Wenn er Präsident wär,

dann wüchs doch der Druck noch viel mehr:

Wann kommt der Abgang, da ist der Ausgang,

da ist die offene Tür

Wenn er nicht versteht, was wirklich nicht geht,

fehlt ihm vor allem Gespür.

 

Wer sich gerne sponsern lässt, nicht so gern darüber spricht,

ist klar - eigentlich müsst man ja darüber kein Wort verliern.

Und wer nicht hinausposaunt, was sich gehört und was nicht,

bei dem wär man vielleicht geneigter, ihn zu exkulpiern.

Wer unwiederbringlich den eigenen Ruf ramponiert,

doch an dem Stuhl klebt, auf dem er verlustängstlich schwitzt,

und doch dran glauben will, Aussitzen stets funktioniert,

der sollt sich erst klarmachen, auf welchem Stuhl er grad sitzt.

 

Wenn er Präsident wär,

dann wüchs doch der Druck noch viel mehr:

Wann kommt der Abgang, da ist der Ausgang,

da ist die offene Tür

Wenn er nicht versteht, was wirklich nicht geht,

fehlt ihm vor allem Gespür.

 

Doch hat er den Posten geräumt, wird das Amt neu besetzt,

bleibt die Würde in Scherben, das Anseh'n beschädigt, getrübt.

steht am Ende ein Schluss, bei dem er sich grandios überschätzt,

wenn er sich als Opfer sieht und nur in Selbstmitleid übt.

 

2011 Copyright Gerd Schinkel