Hic Rhodos, hic salta

 oder:
Theorie im Praxistest

Regen fällt auf Rhodos, alles ist so trüb und grau,
die Straßen leer, man bleibt daheim im Trockenen, ist schlau.
Die Zeiten, die sind schlecht, denn man hat Schulden und kein Geld.
Man lebt auf Pump, sieht zu, wie man sich über Wasser hält.


Ein reicher deutscher Manager hält vor einem Hotel.
Er fragt nach einem Zimmer für die Nacht, gemütlich, hell.
Der Hotelier sitzt hinterm Tresen an der Rezeption.
Der Manager gibt hundert Euro schon mal als Kaution.

Der Hotelier greift sofort ein paar Schlüssel von der Wand
und schickt den Mann die Treppe rauf, die Schlüssel in der Hand.
Er soll in Ruhe prüfen, welches Zimmer ihm gefällt,
dann kriegt er, was er haben will - er hat ja gutes Geld.

Der Mann stapft hoch, der Hotelier rennt sofort aus dem Haus
zum Metzger, zieht den Schein dort grinsend aus der Tasche raus,
zahlt damit seine Schulden, was der Metzger gerne sieht,
der gleich den selben Schein beim Bauern aus der Tasche zieht.

Den Bauern drückt die Schuldenlast bei der Genossenschaft,
er zahlt rasch mit dem Schein – das schnelle Laufen kostet Kraft.
Den Mann von der Genossenschaft noch Kneipenschulden quäln,
die kann er schnell bezahln, der Wirt braucht gar nicht lang zu zähln

Der schiebt den Schein der Hure zu, die schräg am Tresen sitzt
und auf Kredit gefällig war, die Sache wär’ geritzt.
Sie bringt die hundert Euro ins Hotel und sie begleicht
die unbezahlte Zimmerrechnung - hat grad so gereicht.

 

Der Schein da vor dem Hotelier liegt als wär nichts geschehn.
Von oben kommt der Mann zurück, er hat sich umgesehn,
er sagt, es tät ihm Leid, kein Raum dabei, der ihm gefällt –
nimmt sich sein Geld, verlässt die Insel, weil ihn dort nichts hält.

Niemand hat was hergestellt, gar nichts produziert,
keiner was verdient, es wurde auch nichts exportiert.
Und doch sind alle schuldenfrei – welch Wunder-Theorie!
Die Leute in der Praxis sind zu blöd – da klappt das nie.

 

Warum es denn nicht funktioniert, ihr nun ganz sicher fragt.

Das liegt doch auf der Hand, doch sei es euch noch mal gesagt:

Denkt doch mal nach, dann wird es auch dem letzten von euch klar -

Es liegt dran, dass die Hure einfach viel zu teuer war.


 

Copyright 2011 Gerd Schinkel