Bunte Gülle

 

Die Welt ist bunt und arm und reich –

nicht alle Menschen sind ja gleich.

Sorgt mancher sich ums Überleben,

ham andere reichlich abzugeben.

Ganz verschieden sind die Sorgen,

mit Blick auf heute oder morgen:

Ob man was zu essen hat –

Wie kommt man aufs Titelblatt.

 

Refrain:

Bei Hochzeit, Hofklatsch, Hollywood

ist sie in ihrem Element –

da gräbt sie tief in Müll und Schutt

und weiß, woran sie was erkennt.

Mit Horoskop und Honeymoon

hat sie unendlich viel zu tun

doch kriegt sie alles gut sortiert

und weiß, wo was warum passiert.

 

Wenn einer hungert, knurrt der Bauch,

Fehlt ihr ne Story, knurrt sie auch,

denn all die Leser, Abonnenten,

Lesezirkel, Inserenten,

haben doch so viel Interessen -

darf sie schließlich nicht vergessen,

und so wird ins Blatt gebracht,

was die bunte Welt so macht.

 

Braucht man Fotos, zahlt man Geld,

wer knipst ja auch die Hand aufhält,

Mittel hat man noch und nöcher,

Paparazzis, Schlüssellöcher.

Nicht gefragt ist das Normale,

interessant sind nur Skandale

vielleicht noch was zu Herzen geht,

oder bloß den Magen dreht.

 

Die Sucht nach Klatsch vom Boulevard,

erfunden oder nur halb wahr –

Trüffelschweine, Detektive,

tauchen tief in die Archive,

Redaktionsschluss, rasch, beeilen,

ein Dementi? – ein paar Zeilen.

Droht ne Klage – ist geschenkt,

wenn das Blatt am Kiosk hängt.

 

Wer sich ekelt, wird verlacht.

Weil man sorgsam drüber wacht,

Pressefreiheit zu bewahren –

sagt man im Gerichtsverfahren,

Doch in Hülle und in Fülle,

steht im Blatt nicht mehr als Gülle,

bringt zwar Geld, das niemals stinkt -

schmeckt es, wenn man Jauche trinkt?

 

Copyright 2011 Gerd Schinkel