Die gerontolyptischen Reiter

 

So manches nicht mehr richtig klappt, die Suppe aus dem Löffel schwappt,

ich mag die Tasse nicht mehr voll, so viel geht nicht mehr wie es soll.

Die Hand, die zittert, ärgert mich – mir scheint, ich hab den Tatterich...

Der Greis in mir – er will ans Licht. Was bringt’s, sag ich: Den kenn ich nicht.

Er hat sich ewig lang versteckt – reibt sich die Augen, ist geweckt,

er zeigt sich lästig, penetrant – nun kriegt ihn keiner, nun kriegt ihn keiner,

nun kriegt ihn keiner mehr verbannt.

 

Was wollt ich sagen – weiß nicht mehr. Mich zu erinnern, fällt mir schwer.

Hab ich mal irgendwas gewollt – vergessen... auch das, was ich sollt...

Bin überfordert – warum ich? Mir scheint, nun werd ich tüdderich.

Der Greis in mir – er will ans Licht. Was bringt’s, sag ich: Den mag ich nicht.

Er hat sich ewig lang versteckt – wie er sich räkelt, dehnt und streckt,

er zeigt sich lästig, penetrant – nun kriegt ihn keiner, nun kriegt ihn keiner,

nun kriegt ihn keiner mehr verbannt.

 

Das Leben scheint nur grau in grau, niemand mehr nah, dem ich noch trau.

Die Zeit mir durch die Finger rinnt, kaum einer ist mir wohl gesinnt.

Und Lachen nervt – es ärgert mich, um mich zu wehren, knötter ich.

Der Greis in mir – er will ans Licht. Was bringt’s, sag ich: Den will ich nicht.

Er hat sich ewig lang versteckt – bleibt nicht verborgen, nicht verdeckt,

er zeigt sich lästig, penetrant – nun kriegt ihn keiner, nun kriegt ihn keiner,

nun kriegt ihn keiner mehr verbannt.

 

Ich trink die Schnabeltasse leer, hör, was mich ärgern könnt, nicht mehr –

versteh ich’s doch, vergess ich’s gleich – so altersweise bin ich reich.

Bin ich auch längst nicht mehr so schnell – hab ein gegerbtes, dickes Fell.

Der Greis in mir ist längst im Licht – sieh meine Falten im Gesicht.

Ich hoff, dass keine dich verschreckt – bin gerne hier, und nicht versteckt,

und werd ich lästig, penetrant, dann nimm mich einfach, nimm mich einfach,

dann nimm mich einfach an die Hand...

 

Copyright 2011 Gerd Schinkel