Normal
Auf dem Gruppenbild vom ersten
Schuljahr: Auf den ersten Blick
sind sie immer zu finden - und schon
denkt man an sie zurück:
Was aus ihnen wohl wurde?
Wie es ihnen heut wohl geht?
und schon hat die Erinnerung
die Zeit so weit zurückgedreht…
Es sind immer die gleichen, ja, die selben –
man erkennt sie sofort:
Überall auf der Welt, in jedem Land,
jeder Stadt, jedem Ort.
Nenn wir sie Christa oder Christian,
der Name ist total egal.
Sie stehn immer am Rand –
für alle andern ist das ganz normal.
Man blickt aufs Foto - und fragt sofort,
wer denn die Deppen sind,
die so blöd in die Kamera schaun,
völlig durch den Wind.
Es sind immer dieselben, denen alles
schief geht, egal was sie tun,
sie ham das Pech an den Sohln,
laufen immer in zu großen Schuhn.
In jeden Fettnapf, der irgendwo
herumsteht, tappen sie rein.
Man kann drauf warten und drauf wetten,
wer wird’s wieder sein.
Sie lassen fallen, was sie tragen,
verlaufen sich und stolpern hin,
suchen immer noch den Eingang,
sind alle andern längst schon drin.
Sie kleckern überall, tun
meistens sich als erste weh,
komm andauernd zu spät, und
finden nie den richtgen Dreh,
sind gerne mit dabei, doch
andere werden nie erwischt,
wolln sie in der Menge untertauchen –
schon sind sie rausgefischt.
Und irgendwann trifft man sie wieder
und fühlt sich gleich ertappt,
so als hätt man uns erwischt
und die Falle wäre zugeschnappt.
Was ist aus ihnen geworden –
und was hat man selbst geschafft?
Worauf kam es an? - Und
wofür hat man selbst noch Kraft?
Copyright 2009 Gerd Schinkel
Alte Klassenfotos zeigen "normalerweise" immer jemanden, der die „Ästhetik“ stört. Was wird aus Außenseitern? Kollege Wolfgang Otto hatte sich inspirierend erinnert...