SONNENROT AM ABEND

 

 

 

Die Sonne, eh sie sinkt, gerät auf abschüssige Bahn.

 

Doch dass sie sich beeilt, das ist nur ein naiver Wahn.

 

Sie hält genau ihr Tempo, und weicht nicht davon ab,

 

steigt nie überraschend, verpasst den Untergang nie knapp.

 

 

 

Die Sonne glänzt mit Pünktlichkeit, selbst wenn man sie nicht sieht,

 

wenn sie, grau verhängt, über den Himmel zieht.

 

Auch das sieht nur so aus, denn schließlich steht sie dort ja fest,

 

auch wenn man Menschen in dem Glauben, dass sie wandert, gerne lässt.

 

 

 

Die Sonne, wenn sie tiefer rutscht, verliert ao ihre Kraft,

 

als würde sie sich abkühln, warm zu strahlen nicht mehr schafft,

 

als hätt sie ihren Strahlenvorrat tagsüber verbraucht,

 

noch eh sie hinterm Horizont beim Untergang abtaucht

 

 

 

Wenn sie sich lautlos absenkt, färbt sie sich manchmal rot -

 

vor Scham oder Verlegenheit nicht in Erklärungsnot…

 

Vielleicht bekam sie selbst, eh sie so nach und nach verschwand,

 

nach der langen Himmelstour noch einen Sonnenbrand

 

 

 

Wenn sie nach getanem Tagwerk leis verschwinden konnt,

 

leuchtet noch vielleicht ne Weile rot der Horizont,

 

dann wird‘s allmählich dunkel, wobei man am Firmament,

 

ist er von Wolken nicht verhängt, ein Sternenmeer erkennt.

 

 

 

Wie winzig sind wir doch, dass wir uns derart wichtig nehm‘,

 

und uns, für unsere Eitelkeit, noch nicht einmal schäm‘…

 

Die Sonne scheint, die Sterne leuchten, wenn der Mond noch glänzt,

 

du, bei Licht betrachtest, deine Nichtigkeit erkennst.

 

 

 

© 2024 Gerd Schinkel