Aussen vorbei

 

Weg all die Waren. Verwaist der Laden.

Alle Regale, die Kasse – leer.

Kühltruhen abgetaut. Die Stände abgebaut.

Feierabend – hier gibt es nichts mehr.          

 

Kein Gruß in den Tag hilft dem, der früh vorbeihetzt:

„Auf geht’s!“ – und die Straßenbahn dreht.

Außen vorbei – Blick zurück: Niemand winkt mehr.

und Spurt, weil die Bahn nicht lang steht -

nicht ewig hier steht...

 

Der Laden gähnt und die Kundschaft jammert:

Die Türen vorne und hinten sind dicht.

Kein kurzer Weg mehr grad vor bis zur Ecke,

wo man noch schnell was bekommt und bespricht...

 

Kein Gruß stoppt den Stress dem, der abends sich heimschleppt.

Geschafft – und die Straßenbahn steht.

Außen vorbei - Blick hinein, keiner winkt mehr.

Die Straßenbahn quietscht, wenn sie dreht,

bis sie wieder steht.

 

Was bleibt von außen? Ein anderer Laden - doch

innen drin ist nichts mehr so, wie es war.

Die Zeit geht weiter und lässt nichts bleiben.

Das Viertel lebt - Tag um Tag, Jahr um Jahr.

 

Und zwei, die Jahrzehnte die Kundschaft ernährten,

bewährt, wie die Straßenbahn dreht,

verlassen den Laden. Es scheint so, als ob grad

die Zeit mit der Straßenbahn steht,

einen Augenblick steht.

 

Verdient der Ausstand. Ein Abschnittsende ist

ein Neubeginn - und noch lange kein Schluss.

Von außen mag es vielleicht so aussehn. Doch

wer weiß, was kommt, wenns doch weitergehn muss.

 

Der Winter ist freudlos, von außen betrachtet.

Steig ein, wenn die Straßenbahn steht.

Im Frühjahr wirds bunt. Alles wird immer anders –

auch dass sich die Straßenbahn dreht –

die Straßenbahn dreht.                                                         

 

Copyright 2004 Gerd Schinkel

 

Zum Jahreswechsel 2004/2005 schlossen Winnie und Siegfried Aussen "unseren" Laden an der Ecke und gingen in den Ruhestand. Wer "außen vorbei" geht, merkt was fehlt – und die Straßenbahn hat keine Wendeschleife mehr, sondern einen Prellbock...