Auf Reisen

 

Kaum zwanzig, aber schon

zittern deine Hände wie bei einem Greis.

Dein Blick geht rastlos um.

Er sieht - doch weiß ich nicht, ob er begreift.

Du bist auf Reisen, weit von dir –

doch nur ins Nichts.

 

Wie jung warst du damals?

Zumindest siehst du heute gealtert aus.

Die Neugier hast du nun

für dunkle Augenränder eingetauscht.

Du bist auf Reisen, zahlst dafür

ein Stück von dir.

 

Probleme überall –

zur Lösung schien dir nur noch ein Weg zu führn:

Nur Flucht in andre Welt,

weit weg von allem, was dich so genervt.

Du gingst auf Reisen, gabst dafür

ein Stück von dir.

 

Der Dealer grinst, kassiert.

Um dich braucht er sich nicht mehr zu bemühn.

Du kommst von selbst zu ihm:

Durch Sucht gezogen, in die er dich trieb.

Du gehst auf Reisen - er verreist

und zahlt mir dir.

 

Du weiß genau, was läuft,

gräbst deine Hände in die Taschen ein.

Ihr Zittern macht dir Angst,

und du redest dir aus Angst ein, du wärst frei.

Du gehst auf Reisen und verlierst

ein Stück von dir...

 

Copyright Ende der 70er Jahre Gerd Schinkel

 

Die Entstehungsgeschichte dieses Liedes ist verschlungen. Der Text entstand beim Versuch, den Song „Needle Of Death“ von Bert Jansch zu übertragen. Er schrieb es in den 60er Jahren - ein beeindruckender Song mit ebenso beeindruckender Picking-Begleitung. Als mir meine Übertragung inhaltlich gelungen schien, waren mir angesichts der krassen Thematik Melodie und Arrangement des Originals von Bert Jansch für den neuen Text zu verhalten und zu verspielt. Bei der Suche nach einer aggressiveren Variante entstand die eigene Vertonung. Mit ihr und der entsprechenden Begleitung lässt sich die Wut über die Ohnmacht stärker ausdrücken.