Nichts ist ideal

 

„No future! No fun!” -

Was dann? Was dann?

„Null feeling! Null Bock“ -

Schock-Rock! Schock-Rock!

 

Kalte Füße! Heißes Pflaster!

An den Wänden klebt nur Schleim...

Überm Kopf? Rost am Raster!

„Kotz! Würg!” all the time…

 

Dicke Lüfte! Frostbeulen!

An den Händen klebt nur Hass...

Wasserblicke, nass vom Heulen.

Drum herum? Leichenblass...

 

Feste Mauern! Harte Tritte!

Von den Lenden tropft es rot...

Scharfe Kanten! Keine Mitte...

Hohles Leben - taub und tot...

 

Copyright Anfang der 80er Jahre Gerd Schinkel

 

Ende der siebziger Jahre wurde als neues Jugendphänomen der Punk registriert - musikalisch und modisch, gewürzt mit der „Null Bock“- und „No future“-Mentalität. Zur Zeit des Dekadenwechsels von den 70ern zu den 80ern, als in der internationalen Popmusik der Punk abebbte, wurde in der deutschsprachigen Jugendkultur die sogenannte „Neue Deutsche Welle“ populär, auf der bei überwiegend - aber nicht nur - belanglosen Texten die Post abging, quasi im Vorgriff auf die später folgende deutsche Spaßgesellschaft. Zu den erfolgreichsten Musikgruppen, die das Lebensgefühl eines Teils der damaligen Jugend einzufangen versuchten, gehörten Bands mit so fantasievollen Namen wie „Nichts“ oder „Ideal“. Dies brachte mich auf den Gedanken, Verbindungen zwischen Welten zu knüpfen, die kaum Berührungspunkte hatten: Zum einen die Weltsicht der Punks, die in der Formel "No Future" ihre knappe Zusammenfassung fand, zum anderen die schnodderigen Antworten der Vorläufer einer Spaßgesellschaft, die in der NDW ihre Vorläufer fand.

Mein Song war also ein – vermutlich untauglicher – Versuch, Punk und „Neue Deutsche Welle“ auf einen Nenner zu bringen, waren doch die Fans der „Neuen Deutschen Welle“ völlig anders drauf als die Punks. Die Mehrheit der damaligen jungen Leute war eher an Abfeiern interessiert. Es war eine deutlich unpolitischere Generation, die mit den von 68ern geprägten Protestlern – bestenfalls ältere eigene Geschwister oder durchgeknallte Onkel und Tanten, also mutmaßlich jüngere Geschwister der Eltern - nicht viel am Hut hatten. „Ich will Spaß, ich geb Gas“ formulierte der Sänger „Markus“ die neue Devise. Es war anspruchslose deutsche Popmusik („Ich bin ja so verschossen in deine Sommersprossen...“), im Grunde ganz in der Tradition der Heile-Welt-Nachkriegsschlager von Peter Kraus und Conny Froboess. Damit hatten die Punks nun absolut keine Berührungspunkte... Begleitet wird dieses Lied „Nichts ist ideal“ mit jeweils abwechselndem zweimaligem Klatschen auf die Oberschenkel und in die Hände – damit auch die Schenkelklopfer mal auf ihre Kosten kommen. geschrieben 1982