RELATIVE PEINLICHKEIT

 

Auf der Überholspur fährt jemand kriminell dicht auf.

Er nimmt das Risiko des Unfalls, Verletzung und auch Tod in Kauf,

Den Boliden fährt er schnittig, kann es sich leisten für viel Geld.

Das freut die Fabrikanten, die man für hochanständig hält.

Ein Mann reibt sich die Hände, weil ein Geschäft ihn hoch erfreut.

Kriegswaffen zu liefern, er nicht scheut und nicht bereut.

Wer zahlt mit dem Leben? Er hört und sieht einfach nicht hin.

Der Markt ist riesig und mit Qualität macht er Gewinn.

 

Was geht und was geht gar nicht - was ist nicht zu toleriern?

Was ist stillos, was unmöglich, was darf einfach nicht passiern?

Sind Gesten zu verdammen, die man wie Klartext klar versteht,

solang Geschäften mit dem Tod kein Gegenwind entgegenweht.

Fremdschämen für diesen peinlichen Spuk -

Fremdschämen ist manchmal längst nicht genug.

 

Ein Gastronom hat viele Zimmer, die er vermietet für viel Geld.

Kein Freier fragt die Frauen, wer sie in Abhängigkeit hält.

Sie sind erpresst, bedroht, genötigt, Menschen zur Ware degradiert,

und gehn sie dabei vor die Hunde, wird das beflissen ignoriert.

Ein Banker sorgt sich um Rendite, weil er nur Kurs und Zinsen sieht.

Ihn interessiern nur seine Boni, wie er für sich Profit draus zieht.

Stecken Menschen tief im Elend, schert er sich nicht um ihre Not.

Dabei treibt er sie in Verzweiflung und trägt mit Schuld an ihrem Tod.

 

Was geht und was ist nicht akzeptabel,

was unmöglich und was ist blamabel?

Stinkefinger halten manche für geschmacklos und für dumm,

Hysterie und Heuchelei macht manche sprachlos, manche stumm.

Gesten auf den Punkt genau nimmt vielleicht irgendeiner krumm,

doch relative Peinlichkeiten bringen längst noch keinen um...

 

Copyright 2013 Gerd Schinkel