Augen

 

Ich sitz beim Mittags-Cappuccino, schau dem Tag über die Schulter,

lehn mich ganz gemütlich an, brems mich so genüsslich aus,

lass das Leben um mich trubeln, kann mir Augenblicke leisten,

es gibt Zeit genug zum Stehlen, und was soll ich auch zu Haus.

Und die Menschen strömen rein, haben Wünsche auf den Lippen,

volle Tassen in den Händen geht ihr Blick von Tisch zu Tisch,

setzen irgendwo sich nieder, manchen fehlt noch etwas Zucker,

lassen dann den Löffel kreisen, ein Schluck macht sie wieder frisch.

 

Dann entdeck ich unter ihnen ein Gesicht, das mir vertraut ist -

deine Augen und dein Lachen, die so unverändert sind,

die mich angezogen haben, als ich noch von nichts was wusste -

noch ein Junge, längst kein Mann war, nicht erwachsen, noch ein Kind.

 

Ohne dass du mich bemerkt hast, taucht mein Blick in deine Augen,

und erinnert mich an damals, fast ein ganzes Leben her,

als wird beide längst nicht ahnten, was da draußen auf uns wartet,

kaum mit Fleisch auf unsern Knochen, unsere Träume ungefähr...

Höchstens zweimal in der Woche sich kurz unsere Wege kreuzten,

immer laut und in der Gruppe, nie allein und niemals nah,

und mit Druck unter den Rippen, dass fürs Atmen kaum noch Platz blieb,

kalter Schweiß auf meinen Händen, rätselnd, was mit mir geschah.

 

Nie vergaß ich unter vielen dein Gesicht, das mir vertraut blieb,

deine Augen und dein Lachen, die so unverändert sind,

die mich angezogen haben, als ich noch von nichts was wusste -

noch ein Junge, längst kein Mann war, nicht erwachsen, noch ein Kind.

 

Du sitzt fern, auch wenn du nah bist, amüsierst dich in Begleitung,

sprichst und lachst genau wie früher, wie ichs nie vergessen kann.

Angeregt in Unterhaltung seh ich deine Augen funkeln,

wie ich's schon als Kind erlebt hab - gerne denk ich noch daran.

Trinkst du Latte, Cappuccino, Milchkaffee, schwarzen Espresso,

kanns nicht sagen, weil ich nur von weitem deine Augen seh.

Schließlich hast du ausgetrunken, stehst auf, gehst - und nicht allein...

ich verlier dich aus den Augen, hör dein Lachen noch und geh...

 

Nie vergess ich unter vielen dein Gesicht, das mir vertraut blieb,

deine Augen und dein Lachen, die so unverändert sind,

die mich angezogen haben, als ich noch von nichts was wusste -

noch ein Junge, längst kein Mann war, nicht erwachsen, noch ein Kind.

 

Copyright 2014 Gerd Schinkel