Höchste Zeit

 

Alt ist der Raum, an dem du hängst,

du hast darin gelebt, geschlafen –

deine Jugend dort verbracht –

er ist zu eng – du merkst es längst,

und neue Weiten findet jeder,

der sich auf die Socken macht.

Der Wind muss um die Nase pusten,

dass man sich dagegenstemmt,

seinen Weg alleine suchen lernt

und findet, ungehemmt.

 

Dein Zimmer, das wird renoviert,

du lässt es hinter dir und wenn du

raus bist, steht es doch nur leer,

es wird gestrichen, neu möbliert,

da können Gäste nun drin schlafen,

und du brauchst es ja nicht mehr.

Und wenn du Kälte spürst und Hitze,

weißt du, wie du dich isolierst,

dass du nicht mehr als nötig schwitzt

und auch nicht übermäßig frierst.

 

Die Welt ist groß, die Welt ist weit

Und es ist Zeit, ja höchste Zeit,

sie zu erschließen, zu erkunden und zu gehn,

brauchst sie nicht zu erobern – reicht, sie anzusehn.

Die Tür ist auf, der Weg ist breit,

und es ist Zeit, ja höchste Zeit,

zu schaun, was hinterm Horizont so alles liegt,

wie’s weiter geht, wenn man um eine Kurve biegt.


Du wirst es sehn, wenn du’s probierst,

dass man nicht schwanken muss,

wenn man auf seinen eignen Füßen steht,

dass man nicht seinen Halt verliert,

und auch nicht stolpert, wenn man

selbstbewusst auf eigenen Beinen geht.

Und wenn du gehst, ist das kein Abschied,

nur ein Abschnitt geht vorbei –

der Anfang, der nun folgt, der macht dich

unabhängig und auch frei.

 

Wir sehn dir nach und sind dir nah,

wenn du dich umdrehst, wirst du sehn,

wir schaun dir lang noch hinterher,

vergessen nicht, wie schön es war,

doch dass du selbst dein Leben meisterst,

daran liegt uns jetzt viel mehr.

Und irgendwann, dass ist ganz sicher,

kommst du auch ohne uns gut aus,

gehst deinen Weg auf deine Art,

mit eigenem Zuhaus.

 

Die Welt ist groß, die Welt ist weit

Und es ist Zeit, ja höchste Zeit,

sie zu erschließen, zu erkunden und zu gehn,

brauchst sie nicht zu erobern – kannst in ihr bestehn.

Die Tür ist auf, der Weg ist breit,

und es ist Zeit, ja höchste Zeit,

zu schaun, was hinterm Horizont so alles liegt,

wie’s weiter geht, wenn man um eine Kurve biegt.

 

2011 Copyright Gerd Schinkel