STEUERGESCHÄDIGT

 

Er ist beleidigt, er nimmt übel, ist empört.

Er fühlt sich ausgetrickst, verleumdet und gestört.

Hat so viel Steuern schon gezahlt! Man müsst ihm danken!

Und er hat nie damit geprahlt! Was soll das Zanken?

Er wollt doch nur mal sehn, wie sehr sich Leistung lohnt –

Sein Geld muss schließlich doch nicht da sein, wo er wohnt.

 

Er ist verärgert, er ist sauer, ist verschreckt.

Es lief doch alles still und heimlich und verdeckt.

Bloß das, was ihm gehört, will er doch nur behalten!

Wie jeder, will er sich was gönnen, sich entfalten...

Was ist so schlimm dran, wenn er spart, was er nicht braucht?

Und Geld ist sauber, wenn man’s wäscht und untertaucht.

 

Er ist enttäuscht und irritiert, und auch entsetzt,

wie man ihm mitspielt, gegen seinesgleichen hetzt.

Er schmeißt Schmarotzern halt nicht gern was in den Rachen.

Und hat doch nur gemeint, da müsst er doch was machen.

Das war auch gar nicht schwer und ging an sich auch schnell.

Und wieso ist das jetzt auf einmal kriminell?

 

Er ist verunsichert, ist ratlos und besorgt.

Es war ja schließlich eigenes Geld und nichts geborgt.

Er wollte nur ein Konto, sicher und geborgen,

um so für später doch ein wenig vorzusorgen.

Er will doch gar nichts, nicht geschenkt und nichts von Hartz.

Nun kommt ne Daten-CD fast noch in die Charts...

 

Sicher sein Geld zu deponiern, was ist dabei?

Der Kauf geklauter Daten ist doch Hehlerei!

Ist die nicht jedem, wie man wissen muss, verboten?

Haut nicht ein Richter jedem Hehler auf die Pfoten?

Kauf nun der Staat so ne CD macht er's doch auch!

Und wenn der Staat Gesetze bricht, darf ich's doch auch...

Er ist ernüchtert, ist erschüttert, ist frustriert,

versteht die Welt nicht mehr und nicht, was da passiert.

Hat er nicht seinen festen Platz in der Elite?

Fährt er nun bald nur noch n Opel, wohnt zur Miete?

Bekommt ein Steuersünder, der zur Beichte drängt,

vielleicht Vergebung, wenn er Arme reich beschenkt?

 

Er sucht nen Anwalt, teuren Rat, die Flucht nach vorn,

und weiß, auch wenn er sich noch wehrt – er hat verlorn.

Er überlegt, hat er noch Zeit, sich anzuzeigen?

Ob wohl sein Name ungenannt bleibt, alle schweigen...?

In seinem Hinterkopf schrillt plötzlich ein Alarm:

Nachher hält man ihn, wird er nicht genannt, für arm...

 

Copyright 2010 Gerd Schinkel