ER VERGISST

 

Opa ist nicht sexy, allerhöchstens cool –

wenn er aus dem Fenster guckt, sitzt er auf hartem Stuhl,

sieht, wer da vorbeiläuft, schaut lang hinterher.

Sind ein paar Minuten rum, dann weiß er’s schon nicht mehr.

 

Denn er vergisst, denn er vergisst, und weil’s so ist,

ist ihm auch ganz egal, ob ihr’s wisst.

 

Opa ist nicht weise – nur ein wenig still,

weiß nicht, was er sagen soll – sagt nicht, was er will,

hört nicht, wenn man ihn was fragt; will nicht, was er soll,

irgendwann macht er’s dann doch – und hegt auch keinen Groll…

 

Denn er vergisst, denn er vergisst, und weil’s so ist,

ist ihm auch ganz egal, ob ihr’s wisst.

 

Opa ist bedächtig, und nicht mehr ganz da,

weiß nicht, was grad gewesen ist, nur was früher war.

Manchmal scheint’s ihm heute, als ob’s wie früher wär –

er versteht nicht, sagt man ihm: „Ach Opa, früher? Ist lange her…“

 

Denn er vergisst, denn er vergisst, und weil’s so ist,

ist ihm auch ganz egal, ob ihr’s wisst.

 

Opa ist entschwunden, unterwegs in seiner Welt,

für uns mag sie fremd sein – kann sein, dass sie ihm gefällt.

Keiner weiß es sicher, niemand ganz gewiss –

Opa macht den Eindruck, dass er ganz zufrieden ist.

 

Denn er vergisst, denn er vergisst, und weil’s so ist,

ist ihm auch ganz egal, ob ihr’s wisst.

 

Opa bleibt verborgen, was um ihn rum passiert,

Verläuft er sich, ist er verzweifelt, oder auch nur irritiert.

Manchmal sucht er Namen, erinnert sich nicht mehr genau -

erkennt nicht viele mehr – nicht mal seine Frau -

 

Denn er vergisst, denn er vergisst, und weil’s so ist,

ist ihm auch ganz egal, ob ihr’s wisst.

 

Copyright 2012 Gerd Schinkel