STIMMRÜCKGABE

 

Pardon - ich fall mal mit der Tür ins Haus.

Es liegt an euch, bin ich gleich wieder raus.

Die Grünen habn hier ihr Parteibüro?

Sollt das nicht so sein, dann sagt mir wo.

Ich will nicht viel, will nur was wieder haben,

was der Partei auch manch and‘re gaben.

Erinnert ihr euch an die letzte Wahl?

Die Stimme für euch macht mir heute Qual.

 

Ich hab geglaubt, ich macht, was ihr verkündet.

Habt mit den Falschen euch zur Macht verbündet.

Doch nun vergesst ihr euren Markenkern.

Ich bin inzwischen bei euch nicht mehr gern

Ich kann hier meinen Widerwillen spüren,

in Treppenhäusern, Räumen, durch die Türen.

Hol meine beiden Stimmen wieder ab,

die ich am Wahltag euch gegeben hab.

 

Wieso soll das nicht gehn? Gingn sie verloren?

Muss ich nach ihnen kratzen, schürfen, bohren?

Habt ihr sie verschlampt, verkramt, verlegt?

Dann such ich mit, damit ihr euch bewegt.

Den Umschlag, in dem der Wahlschein steckte,

hat ekelhaft geschmeckt, als ich ihn leckte.

Ich nehm ihn mit, zerknittert und geknickt -

doch jetzt gleich, und nicht erst zugeschickt.

 

Es gibt da noch ein paar Irritationen.

Ich will mit Einzelheiten euch verschonen,

weil ihr die Dinge sicher anders seht,

ihr, wie es in Kram euch passt, doch dreht.

Krieg ist schlimm, doch kann das denn begründen,

vom Ausstieg aus Atom Abstand zu finden,

Ihr legt ihr Energiewende auf Eis -

zur Begründung zeigt ihr auf den Preis.

 

Ihr koaliert mit Kriminalisierern,

das macht euch, dass ihr’s wisst, zu Wahlverlierern.

Der Anschein ist, dass ihr nach Ämtern giert,

Wer so aussieht, wird schon fast geschmiert.

Verlässlich seid ihr nur zum Haare raufen,

Grundsätze, die werft ihr übern Haufen,

als hätt nichts bei euch dauerhaft Bestand –

und nennt es Kompromiss für unser Land.

 

Ich mag euer Büro gar nicht besetzen.

ich will nur meinen Wahlschein jetzt zerfetzen.

mit Sorgfalt zeigen, dass er nicht mehr gilt,

vermeiden, dass mein Hals noch weiter schwillt.

Doch lieber wär mir, ich könnt drauf vertrauen,

ich könnt auf eure Wahlversprechen bauen.

Denn mit der Hoffnung hatt ich euch gewählt,

als es noch hieß, dass jede Stimme zählt.

 

Wie konntet ihr, es wär in Ordnung, glauben,

den Inhalt meiner Stimme frech  zurauben,

obwohl ich keine Blankovollmacht gab,

als ich euer Programm gelesen hab.

Manches hab ihr nach der Wahl vergessen,

wie ne Schlange euch gehäutet unterdessen,

und zeigt jetzt noch, wie Macht euch korrumpiert,

wie ihr an Ruf und Anseh’n rasch verliert.

 

Nun holt sie schon, ich will nicht ewig warten.

sie soll in falsche Hände nicht geraten,

dass keiner mit ihr macht, was ich nicht will -

wenn das passiert, dann bin ich nicht mehr still.

Habt ihr nach meiner Stimme nun geschaut,

und rückt sie nur nicht raus, dann werd ich laut,

und fühl mich nach der Wahl nun echt betrogen -

dass ich euch unterstütze, ist gelogen.

 

Was ich noch will, ist nur ein sauberer Strich

zwischen uns - begreifbar hoffentlich

ihr verratet die Substanz der alten Ziele,

ich spür, wie fremd ich mich längst bei euch fühle.

Bin nicht sentimental - das tut nicht weh,

wenn ich ungeduldig jetzt hier steh.

Und habt ihr sie verschludert - ist egal -

ich krieg ne neue bei der nächsten Wahl.

 

© 2022 Gerd Schinkel